Radio 100 soll in den Konkurs gehen

■ Der Gesellschafter Anderes Radio Berlin (ARB) will ElefantenPress nicht/ MitarbeiterInnen und ARB bewerben sich mit konkurrierenden GmbHs neu

Kreuzberg. Noch hat sie nicht geschlagen die letzte Sendeminute des pleitebedrohten linksalternativen Senders Radio 100. Aber die Schlußrunde im Kampf um neue Gesellschafter hat begonnen, der Kabelrat hat eine letzte Klärungsfrist bis zum 15. März gesetzt. Mit zwei zerstrittenen Gruppen von Anteilseignern steuert die Radio-100-GmbH nun auf den Konkurs zu. Darauf wiesen gestern Werner Voigt vom Radio-100- MitarbeiterInnenverein und Joachim Schulte von Eldoradio hin. Sie präsentierten zusammen mit Erik Weihönig von ElefantenPress erneut ihr Konzept für das Überleben von Radio 100. Es sieht 2,7 Millionen Mark Haushaltsmittel für die nächsten zwei Jahre vor.

Laut Schulte und Voigt formieren sich nun die Anteilseigner von Radio 100 konkurrierend neu — und wollen jeweils mit einem eigenen Partner die Radio-100-Lizenz für sich allein. Dabei steht auf der einen Seite der Dauerinteressent Nouvelle Radio Jeunesse (NRJ), ein französisches Privatradio-Großunternehmen, auf der anderen die Berliner Mediengruppe Schmidt und Partner (ElefantenPress, Titanic, Freitag).

Nachdem die MitarbeiterInnen des Radios den Verkauf ihrer Anteile von 34 Prozent an NRJ trotz bereits erfolgter Zustimmung des Kabelrats ablehnten, wollen nur noch das Andere Radio Berlin (ARB) und Neues Radio Berlin (NRB) (insgesamt 58 Prozent Anteile) zu den Franzosen. Die haben in Frankreich bislang rund 300 Lokalsender aufgekauft und zu streng werbeträchtigen Musikkanälen umgewandelt.

Die MitarbeiterInnen meinen, daß ihnen zusammen mit ElefantenPress dieses Schicksal erspart bleiben könnte, und verweisen auf die Absicht vom Schmidt und Partner, Programm und Musik nur mäßig zu renovieren und die Minderheitenprogramme zu erhalten sowie die Autonomie der Redaktion zu sichern. Nach einem Konkurs werden sich nun zwei Auffanggesellschaften um eine Neuvergabe der Lizenz bewerben.

Während die MitarbeiterInnen mit Veto den Verkauf an NRJ blockierten, torpedieren nun NRB und ARB den Verkauf von Anteilen an Schmidt und Partner. Die Eigner vom NRB lehnen ganz strikt ab, ARB (an dem auch die taz Anteile hält) ist noch zerstritten, will sich aber — so ein internes Papier — neu formieren. Die NRJ-Befürworter, innerhalb von ARB, darunter auch die taz, wollen jedoch die Anteile der NRJ-Gegner erwerben und sich zusammen mit den Franzosen und NRB beim Kabelrat um eine neue/alte Lizenz anklopfen. In dem internen Papier werden die Chancen für ARB, NRB und die Franzosen als »sehr aussichtsreich« bewertet, »weil alle drei Gesellschafter im Prinzip schon einmal lizenziert wurden«.

Auch ElefantenPress und die MitarbeiterInnen betrachten ihre Chancen für eine eigene Lizenz als gut: Mit Tolleranz e.V. und den MitarbeiterInnen, so ElefantenPress-Manager Erik Weihönig, ähnle die neue Gesellschaft stark dem alten Radio 100.

An Auffanggesellschaften statt einer endgültigen Sendepause sind beide Gesellschaftergruppen höchst interessiert. Erstens käme ARB um eine noch ausstehende Nachzahlung von 80.000 Mark herum. Und zweitens behielten die MitarbeiterInnen die Ansprüche auf 600.000 Mark nie gezahlter Honorare. kotte