Offenbarungseid abwarten

■ SPD-Wahlkampfmanager Klimmt zur Steuererhöhung INTERVIEW

taz: Sie und Oskar Lafontaine haben mit Ihrer Forderung nach Steuererhöhung zur Finanzierung der deutschen Einheit im Wahlkampf recht behalten. Nun hat das auch die Bundesregierung eingesehen. Erfüllt Sie das mit Genugtuung?

Reinhard Klimmt: Nein. Man kann keine Genugtuung empfinden, wenn man sieht, wie das Land immer mehr in ein finanzpolitisches Chaos hineinschlittert, das wir rechtzeitig verhindern wollten.

Wie bewerten Sie die Steuerbeschlüsse konkret? Gehen sie in die richtige Richtung?

Nein. Sie sind in dieser Form nicht akzeptabel. Einmal sind die Zuschläge zur Lohn-, Einkommen- und Körperschaftsteuer nicht so, wie wir uns das mit dem Vorschlag der Ergänzungsabgabe gedacht haben, bei der wir ja eine klare Einkommensbegrenzung vorgesehen hatten. Und es kann nicht akzeptiert werden, daß diese Mittel ausschließlich für den Bund verwandt werden sollen. Für uns war klare Voraussetzung, daß bei einer zusätzlichen Steuerbelastung die starken Schultern stärker belastet werden sollten als die schwächeren.

Die Mineralölsteuererhöhung ist doch unter ökologischen Gesichtspunkten sinnvoll?

Ja. Aber unser ursprüngliches Konzept für die Mineralölsteuererhöhung sollte so aussehen, daß wir über den Preis einen Anreiz zum Sparen geben wollten und damit auch hereinkommende Mittel weitergeben wollten zur Entlastung der kleineren Einkommen. Nur zum Zweck, die Finanzierungslücken des Bundes zu schließen, das können wir nicht akzeptieren.

Die Steuererhöhungen reichen ja nicht aus, um zu einer Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West zu gelangen. Was kann eigentlich darüber hinaus gemacht werden?

Wir waren uns immer darüber im klaren, daß wir bereit sein müssen, für den Vereinigungsprozeß Opfer zu bringen. Es kommt darauf an, daß diese Opfer sozial gerecht verteilt werden. Und daß sie auf der Grundlage einer eindeutigen Bestandsaufnahme erfolgen. Ich glaube die Bundesregierung drückt sich immer noch darum. Deswegen müssen wir warten, bis der Offenbarungseid geleistet wird. Erst wenn man dann das ganze Ausmaß erkennt, können wir über weitere notwendige Schritte reden. mtm