Feuerpause nur nach Annahme aller Resolutionen

■ Der Allianz reicht die Erfüllung von UNO-Resolution 660 als Vorbedingung für die Beendigung des Krieges nicht aus

Die USA und die meisten ihrer Verbündeten gegen den Irak machen weiterhin die ausdrückliche Anerkennung nicht nur der Resolution 660 vom 2. August 1990, sondern auch der anderen, bis zum 29. November beschlossenen elf Resolutionen des UNO-Sicherheitsrates durch Saddam Hussein zur Vorbedingung für eine Beendigung des Krieges. In den Resolutionen selber ist eine solche Verknüpfung nirgendwo niedergelegt. Sprecher der sowjetischen Regierung, die während Moskaus diplomatischer Bemühungen vor Beginn des Bodenkrieges noch die irakische Anerkennung von Resolution 660 als ausreichend für einen Waffenstillstand bezeichnet hatten, bestanden gestern erstmals ebenfalls auf der „Implementierung“ aller zwölf Resolutionen — ohne dies allerdings zur Voraussetzung für die Einstellung der Kampfhandlungen zu machen.

Resolution 660, inzwischen von Bagdad anerkannt, „verurteilt“ die irakische Invasion, verlangt den „bedingungslosen, sofortigen“ Rückzug „aller irakischen Streitkräfte“ auf die Positionen, die sie am 1. August innehatten und fordert Irak und Kuwait zu „sofortigen, intensiven Verhandlungen“ zur Beilegung ihrer Differenzen auf. Ein genauer Zeitrahmen für einen Rückzug oder andere Details, wie etwa die Frage, ob der Rückzug mit oder ohne Waffen erfolgen soll, sind in der Resolution nicht geregelt.

Die meisten der anderen elf Resolutionen enthalten Beschlüsse, die über die eigentliche Kriegsphase hinaus von Relevanz sind. Resolution 661 vom 6. August verlangt die „Wiederherstellung der Souveränität, Unabhängigkeit und territorialen Integrität Kuwaits“. Resolution 662 vom 9. August erklärt die Besetzung und Annexion Kuwaits für „null und nichtig“. Aus diesen beiden Resolutionen leiten die USA ihre Forderung ab, Saddam Hussein solle die Annexion ausdrücklich für „null und nichtig“ erklären. Resolution 674 vom 29. Oktober macht Irak für alle Verluste, Schäden und Verletzungen verantwortlich, die Kuwait, dritte Staaten, ausländische Firmen und Einzelpersonen in Folge der Invasion erleiden. Die UNO-Mitgliedstaaten werden aufgefordert, Belege zu sammeln, mit denen spätere Wiedergutmachungs- und Reparationsforderungen an Irak begründet werden können.

Die Resolutionen 661 (6. August), 665 (25. August), 669 (24. September) und 670 (25. September) enthalten die Beschlüsse des Sicherheitsrates zu Wirtschaftssanktionen: Stopp jeglichen Handels mit der Ausnahme vorab von einem Sanktionsausschuß des Sicherheitsrates zu genehmigender Lieferungen von Medikamenten und bestimmten Nahrungsmitteln; Unterbindung von Finanzgeschäften mit Irak und das Einfrieren irakischer Guthaben im Ausland. Ein Verbot von Waffenlieferungen ist in den Resolutionen nicht ausdrücklich erwähnt, fällt jedoch unter das totale Handelsverbot. Die Frage, ob, wie, wann und von wem diese Sanktionen aufgehoben werden, ist völlig umstritten. In der Logik der Sicherheitsratsentscheidungen waren sie als Druckmittel gedacht, um den in Resolution 661 verlangten vollständigen irakischen Rückzug zu erzwingen. Ist dieser vollzogen, müßten auch die Sanktionsentscheidungen hinfällig sein. Die USA und ihre Verbündeten erwägen jedoch eine Beibehaltung der Sanktionen — zumindest jedoch eines Waffenembargos — auch nach Ende des Krieges. Andreas Zumach