Milliarden für „ökologischen Aufbau“

Töpfer legt Sofortprogramm vor/ Langfristige Sanierungsinfrastruktur/ Kredit- und Förderprogramme der Bundesregierung in Höhe von 17 Milliarden DM noch in diesem Jahr nötig  ■ Aus Dresden Detlef Krell

Dresden (taz) — Ein Milliardenprogramm für den ökologischen Aufbau in den neuen Bundesländern stellte Umweltminister Klaus Töpfer in Dresden vor. Dazu gehören kurzfristige Vorhaben zur Beseitigung von Investitionshemmnissen und darüber hinaus der Aufbau einer umfassenden Sanierungsinfrastruktur. Töpfer verbindet allein mit den in Bonn aus den Gemeinden und Kreisen vorliegenden Anträgen — sie summieren sich auf zwei Milliarden Mark — auch die Erwartung, in kurzer Zeit bis zu 20.000 Arbeitsplätze zu schaffen.

500 Millionen DM wurden bereits im vergangenen halben Jahr nur ausgegeben, um ökologische Katastrophen abzuwenden. Für das Öko- Programm seien Kredit- und Förderprogramme der Bundesregierung in Höhe von 17 Milliarden DM noch in diesem Jahr zu mobilisieren. Die neuen Steuerbeschlüsse der Bundesregierung würden ebenfalls die finanzielle Basis des ökologischen Umbaus im Osten stärken. Ab 1992 erwartet Töpfer jährlich zwei Milliarden DM aus den mit fünf Milliarden DM bezifferten Abfallabgaben, die in den Koalitionsvereinbarungen vorgesehen sind. Der „ökologische Aufbau“ sieht die Sanierung von 192 der bisher 12.500 festgestellten Altlastflächen vor. Eine Milliarde DM kostet die erste Phase der Sanierung von Liegenschaften der sowjetischen Armee sowie der ehemaligen NVA. Zuerst werden 248.000 Hektar ehemaliges militärisches Gelände untersucht.

Im Einzugsgebiet der Elbe sollen 35 kommunale und 24 industrielle Kläranlagen gebaut oder rekonstruiert werden. 27 Kläranlagen im Einzugsgebiet von Oder und Neiße sowie an der Ostsee bedienen das Ostsee-Sanierungsprogramm, das eine Halbierung der Schadstoffbeträge in dem Gewässer vorsieht. Weiter stehen die Sanierung von zehn Braunkohlekraftwerken, 142 Industriekraftwerken und 126 Heizkraftwerken bevor. Fünf Milliarden DM stellt der Bund für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen zur Verfügung. Diese zusätzlichen Mittel sollen das Angebot neuer Arbeitsplätze mit der Beseitigung akuter Notstände im Wasserhaushalt und mit der Sanierung von Altlasten verbinden. Neu an diesem ABM-Programm ist, daß nicht nur die Zuschüsse für Personalkosten, sondern auch Sachkosten für Geräte und Material finanziert werden. Belegschaften der von Stillegung bedrohten Betriebe sollen in Aufbau- und Sanierungsgesellschaften das eigene Betriebsgelände wieder für neues Gewerbe nutzbar machen oder für die Kommune in der Landschaftspflege arbeiten.

Die öffentliche Hand allein könne den enormen Investitionsbedarf für die ökologische Sanierung des Betriebsgebietes nicht aufbringen. Töpfer kündigte in Dresden private Investitionsbereitschaft für Abwasseranlagen von mindestens 20 Milliarden DM an.

Konkrete Angebote für private Modelle liegen in Rostock, Halle, Fürstenwalde, Reichenbach, Kahla, Zahna und Plau am See vor. Töpfer werde auch diese Vorhaben fördern. Er warte jedoch auf eine „staatliche Initialzündung“, den raschen Abbau von Investitionshemmnissen und wirksame Anreize für die privaten Unternehmen. Bei der Rekommunalisierung der Wasserwirtschaftsbetriebe wäre der in Thüringen gefundene Weg über „Eigentümervereine“ mit Kommunen und Land „ein sinnvoller Weg“. Solange die Struktur unklar ist, bleiben dringend nötige Investitionen in der Wasserversorgung aus.

Bundesumweltminister Töpfer möchte den ökologischen Umbau der neuen Bundesländer mit „Imagepflege“ verbinden. Den langfristigen Aufbau einer Sanierungsinfrastruktur versteht er als eine „Weltausstellung für Sanierungstechnologie“. Im Großraum Halle/Leipzig könnten innovative Technologien zu allen Sanierungsbereichen vorgeführt werden und internationale Unternehmen für dieses Gebiet interessieren. Dort stehen sechs Bodenbehandlungszentren, zehn Sonderabfalldeponien, zwei oder drei Untertagedeponien und fünf thermische Anlagen zur Behandlung kontaminierter Böden sowie ein Kampfstoffentsorgungszentrum. Bestandteil dieses Programms sei auch das im 'Spiegel‘ „auf den Kopf gestellte“ Vorhaben, Sondermülldeponien in Kalibergwerken Sachsen-Anhalts einzurichten.