“Glücklich und traurig“ wegen Kuwait

■ Gespräch der in Kuwait geborenen Amina Dakkour über den irakischen Rückzug

Im „Becker-Imbiß“ am Ostertorsteinweg prangen Aufkleber, auf denen steht „Kuwait muß frei sein“. DerImbiß ist seit Dezember von Amina Dakkour gepachtet. Die gelernte Sekretärin ist in Kuwait geboren und aufgewachsen. Mit ihrem palästinensischen Ehemann kam sie auf dessen dringenden Wunsch vor drei Jahren in die Bundesrepublik und nach Bremen.

Amina Dakkour ist Mutter von vier Kindern. In ihrer Wohnung in einem Hochhaus in Kattenturm hat sie das Wohnzimmer mit Möbeln aus Kuwait ausgestattet: Die Sitzecke mit dem Sofa mutet wie eine zartrosa Wolke an. Überall nur Pastelltöne und weiße Porzellanfiguren. Das Radio läuft und spuckt die neuesten Kriegsnachrichten aus.

taz: Die irakische Armee zieht sich aus Kuwait zurück. Wie sind Ihre Gefühle?

Amina Dakkour: Ich bin sehr glücklich, daß Kuwait wieder frei ist. Kuwait ist mein Heimatland. Ich bin dort geboren. Meine ganze Familie lebt da, und ich war in Kuwait sehr glücklich. Ich glaube, in keinem Land ging es den Palästinensern so gut, wie in Kuwait. Sie haben viel Geld, die Kinder können umsonst zur Schule gehen und zur Universität, auch die gesundheitliche Versorgung ist kostenlos. Die Kuwaitis waren sehr gut zu uns. Seit vierzig Jahren, seit der Flucht aus Palästina, lebt meine Familie in Kuwait. Und wenn mein vierjähriger Sohn erwachsen wäre, würde ich ihn nach Kuwait gehen lassen, um Kuwait zu verteidigen. Kuwait ist wunderschön. In den Golfländern sagen sie zu Kuwait „Paris“. Meine älteste Tochter hat zwei Tage lang geweint, als Saddam Hussein im August Kuwait überfallen hat.

Wie geht es Ihnen, wenn Sie die Bilder der Zerstörung aus Kuwait sehen?

Ich bin sehr, sehr traurig. Wir alle haben Kuwait mitgebaut. Die Leute haben Zeit und Geld in die Häuser gesteckt. Und von einem Moment zum andern, zerstört Saddam Hussein das alles.

Ist Ihre Familie immer noch dort?

Ja, alle. Nur meine Schwester ist in Syrien, weil sie dort im August während des Überfalls Urlaub machte. Da ihr Mann Kuwaiti ist, blieben sie in Syrien.

Am 2. August habe ich das letzte Mal mit Kuwait telefoniert, meine eine Schwester wußte noch gar nichts von dem Einmarsch. Einen Tag später waren die Telefonverbindungen unterbrochen. Ich habe nichts mehr von meiner Familie gehört. Ich weiß nur, daß es in Kuwait keine Elektrizität mehr gibt, kein Wasser. Ich weiß nicht, wie die Leute da noch leben.

Viele Palästinenser haben sich gefreut, daß Saddam Hussein sich für den Rückzug Israels aus Westbank und Gaza eingesetzt hat.

Ich habe Saddam Hussein von Anfang an nicht getraut. Warum besetzt er Kuwait, wenn er Palästina befreien will? Das ist eine Ausrede. Ihm liegt nichts an Palästina.

Fanden Sie es richtig, daß die USA den Krieg um Kuwait begonnen haben?

Nein. Die Amerikaner wollen nur Geld und Öl. Es wäre besser gewesen, die arabischen Länder hätten sich zusammengeschlossen und Saddam Hussein gezwungen, Kuwait zu verlassen. Ohne Krieg, denn Moslems dürfen nicht gegen Moslems kämpfen.

Wollen Sie möglichst bald nach Hause fahren?

Ich muß nach Hause fahren. Bisher bin ich jedes Jahr einmal nach Kuwait geflogen. Aber ich weiß nicht, ob die Kuwaitis jetzt noch Palästinenser ins Land lassen: Weil Yassir Arafat sich mit Saddam Hussein verbündet hat. Ich habe Angst, daß die Kuwaitis alle Palästinenser rausschmeißen.

Fragen: Barbara Debus