Rassisten machen Werbung auf ITB

■ Kein Senat hat bisher ernsthaft versucht, Südafrika von der Tourismusbörse auszuschließen/ Öffentliche Auseinandersetzung »könnte dem Messestandort Berlin schweren Schaden zufügen«

Messegelände. Ob Kalter Krieg, Einheitstaumel oder heißer Krieg: Berlin, das Schaufenster des Westens, hatte immer ein gemütliches Ausstellungsplätzchen frei für den Apartheidstaat vom Kap. Und so darf sich Südafrika, das Land mit dem verfassungsmäßig verankerten Rassismus, schon zum 19. Mal auf der Internationalen Tourismusbörse (ITB) präsentieren. Sanktionen schön und gut, was Mandela und Bischof Tutu sagen: geschenkt! Hauptsache das Geschäft läuft. Reformen sind angekündigt da unten, Subventionsabbau ist beabsichtigt hier oben in der Metropolenfiliale.

Nur einmal, als der Senat rot und grün war, gab es neben den von der Polizei aufgelösten Blockaden vor dem Messegelände zumindest den angekündigten politischen Willen, die Rassisten nicht mehr auf die ITB zu lassen. Schließlich konnten doch — so erinnerte man sich in der rot- grünen Regierung — bei Messen der so gut wie senatseigenen (98,8 Prozent) Messegesellschaft AMK Aussteller aus »sachlich gerechtfertigten Gründen« und wenn es für den »Ausstellungszweck erforderlich ist« von der Teilnahme ausgeschlossen werden. So verabschiedete das Abgeordnetenhaus am 18. Januar 1990 eine Aufforderung an den Senat, auf die AMK »mit dem Ziel einzuwirken, die Teilnahme der Republik Südafrika an Messen und Ausstellungen künftig zu verhindern«. Doch auch die VolksvertreterInnen konnten nicht verhindern, daß alles seinen sozialdemokratisch-marktwirtschaftlichen Gang ging.

Zwar hatten AL und SPD schon im Februar 1990 ein rechtliches Gutachten bei dem Hamburger Staatsrechtler Norman Paech in Auftrag gegeben, das es für »gerechtfertigt« hielt, »Messeanbietern aus einem Land, welches wegen schwerster Menschenrechtsverletzungen [...] wiederholt [...] durch die Vereinten Nationen geächtet worden ist, von der Messe auszuschließen«. Doch das Gegengutachten kam schnell.

Der Senat verschleppte nun die Entscheidung, denn ein Ausschluß Südafrikas hätte bedeutet, sich mit den anderen Anteilseignern der AMK auf einer Gesellschafterversammlung oder auch gerichtlich anlegen zu müssen. Diese anderen Gesellschafter, Industrie- und Handelskammer, die Berliner Absatz-Organisation und die Verbände der Eisen-, Maschinen- und Elektroindustrie, ließen erkennen, daß sie einen entsprechenden Beschluß nicht mittragen würden. »ITB von Politik freihalten«, forderte Mitte 1990 das ITB- Kuratorium und auch die AMK wollte sich nicht vom Senat reinreden lassen: »Wir leben in einem freien Land.«

Die Regierung stand ebenfalls auf der Boykottbremse, weil klar war, daß im Dezember 1990 neu gewählt werden würde. Währenddessen wurde ein neuer ITB-Vertrag mit Südafrika ausgehandelt. Eine Anfrage des Abgeordneten Hopmann (AL) zu ITB und Südafrika vom 19. März 1990 wurde erst am 11. Januar 1991 beantwortet. Darin heißt es, daß ein Ausschluß Südafrikas von der ITB nur »rechtstheoretisch« möglich sei. Auch sei die Veränderung der Teilnahmerichtlinien der AMK nur gegen das Votum der Minderheitsgesellschafter möglich, was aber unvermeidlich mache, »daß die Gesamtproblematik mit Rechtsauseinandersetzungen öffentlich strittig gemacht wird«. Und weiter: »Ohne Aussicht auf Erfolg in der Sache entstünde daher eine Auseinandersetzung, die in der gegenwärtigen Lage Berlins dem Messestandort besonders schweren Schaden zufügen könnte.«

Dabei ist es — laut Hopmann — ganz einfach, Südafrika auszuschließen, wenn es die Messeleute und die Politik nur wollten. In Hannover forderte die Messe den Apartheidstaat im vergangenen Jahr auf, die Anmeldung zurückzuziehen — ohne juristische Konsequenzen. In Köln wurden Südafrikas Anmeldungen wegen »Platzmangel« nicht berücksichtigt. Auch in Berlin gebe es diese Möglichkeit, meint Hopmann: »Die Warteliste ist lang und jedes Jahr müssen auch Bewerber zurückgewiesen werden.« kotte

Menschenkette vor den Messehallen, Hammarskjöld Platz, Samstag, 2. März, 14 Uhr. Solidaritätsabend mit Musik, Informationen, Gedichten 20 Uhr, Hector-Peterson-Schule, Tempelhofer Ufer 13, Berlin 36.