SPD streitet über Haltung zur Bodenoffensive

Bonn (taz) — Norbert Gansel, der neue außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, erhielt am Dienstag auf der Fraktionssitzung von seinen GenossInnen eine sanfte Abreibung. Gansel hatte in einer ersten Stellungnahme zur Bodenoffensive der Amerikaner „Solidarität“ mit den Allierten bekundet. Viele Abgeordnete, zum Beispiel Peter Conradi und Monika Ganseforth, waren entsetzt über diese Stellungnahme „im Namen der SPD“. Monika Ganseforth erzählte auf der Fraktionssitzung, noch am Samstag habe sie gemeinsam mit einer Friedensinitiative Telegramme an Helmut Kohl und die amerikanische Botschaft geschickt. Ziel der Aktion: Die Bundesregierung und die Amerikaner sollten die Friedensinitiative Gorbatschows unterstützen. Am Sonntag habe sie sich über die Nachricht von der Bodenoffensive sehr erschrocken, berichtete die Sozialdemokratin. Über die Stellungnahme ihres Parteifreundes Gansel habe sie sich dann sehr geärgert. Anstatt Solidarität mit der Militäraktion zu bekunden, hätte er das Vorgehen der Amerikaner deutlich kritisieren müssen.

Bereits am Montag hatte Heidi Wieczorek-Zeul im Präsidium der Partei eine ähnliche Position vertreten. Auch der Parteivorsitzende Hans-Jochen Vogel war über die Stellungnahme Gansels nicht glücklich. Vogel sagte, der Beginn des Landkrieges hätte aufgrund der sowjetischen Vorschläge zumindest hinausgeschoben werden müssen.

Das SPD-Präsidium beschloß auf Anregung Björn Engholms, daß die SPD künftig einer Beteiligung deutscher Soldaten an den Blauhelm-Aktionen der Vereinten Nationen zustimmen soll. Einen entsprechenden Antrag will der Parteivorstand auf dem Parteitag im Mai vorlegen. Norbert Gansel ist auch hier seiner Partei wieder einen Schritt voraus: Er will, daß sich deutsche Soldaten nicht nur an sogenannten Friedensmissionen, sondern auch an UN-Militäreinsätzen beteiligen. Außerdem schlägt er ein „deutsches Friedenskorps“ vor, das bei Umwelt-, Natur- und Industriekatastrophen in der dritten Welt aktiv werden soll. Tina Stadlmayer