Streit um Radio-100-Konkurs

■ Die Gesellschaften des Konkurs gegangenen Radios streiten um Notwendigkeit, den Sendebetrieb einzustellen/ Endlosband auf 103,4

Potsdamer Straße. Der linksalternative Privatsender Radio 100 hat in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag sein Programm eingestellt. Geschäftsführer Thomas Thimme stellte gestern morgen einen Konkursantrag, die MitarbeiterInnen wurden mit dem Einsetzen neuer Schlösser ausgesperrt — angeblich, um die Geräte zu »schützen«, die nun der Bank für Sozialwirtschaft gehören sollen. Über den Sender gehen seit gestern morgen ein Blues als Endlosschleife und die Ansage: »Sie hören auf 103,4 Megahertz Radio 100 — demnächst mit neuem Programm.« An der Eingangstür zum Sender steht seit gestern auf einem Zettel der Geschäftsführung zu lesen: »Die Räume werden gesichert. Jeder Zugangsversuch führt zu Anzeige — leider.«

Wie die taz berichtete, hatte sich die Lage von Radio 100 in den letzten Tagen und Wochen erneut zugespitzt. Der MitarbeiterInnenverein und Tolleranz e.V. (Eldoradio) hatten einen unterschriftsreifen Deal mit dem französischen Kommerzfunk-Konzern Nouvelle Radio Jeunesse (NRJ) über den Verkauf von 38 Prozent Geschäftsanteilen platzen lassen und sich dem ihrer Ansicht nach kleineren Übel, der Berliner Mediengruppe Schmidt und Partner zugewendet. Schmidt und Partner verlegt die Wochenzeitschrift 'Freitag‘, das Satiremagazin 'Titanic‘ und Bücher im Verlag ElefantenPress.

Nach dem Konkursantrag mühen sich nun zwei konkurrierende Auffanggesellschaften neu um die Radio-100-Lizenz. Die eine Gesellschaft werden Anderes Radio Berlin (u.a. taz), Neues Radio Berlin und NRJ bilden. Auf der anderen Seite gehen die MitarbeiterInnen, Tolleranz und Schmidt und Partner zusammen. Laut Schmidt und Partner- Manager Weihönig sollen weitere alternative Projekte und Geschäfte aus Berlin und der Ex-DDR hinzukommen. Die Anstalt für Kabelkommunikation teilte mit, daß es schnell zu einer Neuausschreibung der Frequenz kommen wird.

Werner Voigt vom MitarbeiterInnenverein warf Radio-100-Geschäftsführer Thomas Thimme gestern vor, ohne Not Konkursantrag gestellt zu habe. Der bei der Bank am 27. Februar fälligen Betrag von rund 60.000 Mark sei vom MitarbeiterInnen-Verein aufgbracht worden. Dies habe man der Bank und Thimme mitgeteilt. Thimme habe jedoch nicht reagiert und den Konkursantrag gestellt. Voigt sagte, man behalte sich »rechtliche Schritte gegen Thimme vor«. Geschäftsführer Thimme wies die Vorwürfe zurück. Die MitarbeiterInnen von Radio 100 trafen sich gestern abend zu einer Versammlung im KOB in der Potsdamer Straße. kotte