Golf-Krieg spaltete Belegschaften

■ Mißtrauensantrag gegen friedensbewegten Airbus-Betriebsrat / Berichte aus Bremer Betrieben

Am Golf ist der Krieg zu Ende, aber in Bremer Betrieben haben Betriebsräte jetzt mit seinen Folgen zu kämpfen. Nur „ein Zeichen“ wollte der Betriebsrat der „Deutschen Airbus“ (früher MBB) setzen, als er am 24. Januar der Geschäftsleitung die Zustimmung zu Überstunden in der Tornado-Produktion verweigerte. Schließlich waren MBB-Produkte auf beiden Seiten des Golf- Krieges im Einsatz. Doch aus dem „symbolischen Akt“ wurde inzwischen ein handfester Kleinkrieg innerhalb des Betriebes (vgl. ausführlich Seite 7).

Die Geschäftsleitung verklebte flächendeckend einen offenen Brief, in dem der Betriebsrat für die „Gefährdung zukünftiger Aufträge nicht nur im militärischen Bereich, sondern auch in den zivilen Programmen“ verantwortlich gemacht wird, „denn politisch motivierte Verweigerungshaltungen gelten nicht nur in den Augen unserer Partner und Kunden als unberechenbar“. Auch unter den KollegInnen kursieren Unterschriftenlisten für den „sofortigen Rücktritt“ des Betriebsrates. Einer der Unterschriftensammler ist Ludwig Ladewig, bei der letzten Betriebsratswahl unterlegener ehemaliger Vorsitzender.

Nicht nur bei der „Deutschen Airbus“, auch in vielen anderen Bremer Großbetrieben hat der Golfkrieg die Belegschaft gespalten. „Ich mußte in den letzten Wochen schmerzlich erfahren, daß Schülerinnen und Schüler viel fortschrittlicher sind, als der Kern der Arbeiterklasse“, gestand Christiane Woltersdorf, Betriebsrätin bei Klöckner, am Abend der Waffenruhe des Golf- Kriegs auf einer Versammlung friedensbewegter GewerkschafterInnen von IG Metall, HBV, GEW, ÖTV und IG Medien im Bremer DGB-Haus. Sie habe jetzt „Angst, daß einfach wieder zur Tagesordnung übergegangen wird“. Die Position der Gewerkschaftsführungen gegen den Krieg sei „im Betrieb einfach nicht mehrheitsfähig“, sagte Woltersdorf, „wie soll ich mich mit diesem Wissen als Funktionärin denn nun im nächsten Tarifkonflikt verhalten?“

Die Frage bewegt auch Manfred Wegner, Betriebsrat bei Krupp Atlas Elektronik. „Wir könnten es natürlich als Erfolg sehen, wenn keiner mehr aufsteht und seine wahre Meinung zum Golfkrieg sagt“, kritisierte er die Gewerkschafts-Tendenz, „hier zum 25. Mal festzustellen, was für tolle Beschlüsse wir Gewerkschafter gefaßt haben“. Und Eike Hemmer, Betriebsrat bei Klöckner, wußte zu berichten, daß die Mehrheit seiner KollegInnen, „doch spürt, daß das Leben hier jetzt so weitergehen kann wie bisher. Daß der Krieg erfolgreich war, merken sie schon an der Tankstelle, wo das Benzin wieder billig ist.“

Dem Vorschlag, die Gewerkschaften sollten über die organisierten JournalistInnen versuchen, Einfluß für ihre Positionen zurückzugewinnen, hielt Gabi- Grete Kellerhoff von der ÖTV entgegen: „Wir wissen doch noch gar nicht, für welche Positionen wir einen solchen Einfluß nutzen sollten.“ Schließlich hätten bisher „alle Angst davor, die Diskussion gegen Rüstungsexporte zum Beispiel mit den KollegInnen von der Bremer Lagerhausgesellschaft wirklich zu führen“. Und Klöckner-Betriebsrat Peter Sörgel ergänzte: „Das Hauptproblem sind doch nicht unsere Schwierigkeiten mit der Presse. Das Hauptproblem ist, daß unsere Aussagen mit der Meinung der Kollegen gar nicht übereinstimmen.“

Keine Skrupel hatte am Donnerstag abend lediglich der Uni- Mitarbeiter Heinz-Gerd Hofschen. Er erntete sogar Applaus, als er den Gewerkschaftern zurief: „Die Friedensbewegung ist immer noch zu unpolitisch. Wir brauchen wieder das Denken in Klassengegensätzen.“

Ase