Begegnung in der Leere

■ Ampelio Zappalorto in der Eisenhalle

Zwei kleine, fast leere Regale in einer ausgeräumten Werkstatthalle bieten nur magere visuelle Reize. Sich in ihre Betrachtung zu vertiefen, gelingt kaum. So überfällt mich beim Besuch von Ampelio Zappalortos Installation in der Eisenhalle die Leere als Sehlähmung, bevor ich begreifen kann, daß die Entleerung von symbolischen Formen Teil seines Themas ist. Von der spartanischen Ästhetik alleingelassen, flüchte ich in ein Gespräch mit Zappalorto. Der sprachliche Nachvollzug seiner Konstruktionen erleichtert das Sehen. Dieser Umweg der Annäherung an die reduzierten Kunstformen erscheint mir programmatisch: Vielleicht kann das Sichtbare erst in der Kommunikation begriffen werden.

Solange Ampelio Zappalorto seine glanzlosen Bleche in ruinösen italienischen Palazzi oder sizilianischen Gräberfeldern anbrachte, flog ihnen der metaphorische Atem der Geschichte ohne große Schwierigkeiten zu. Weniger vom Gedächtnis der Dinge und dem Reiz des Verfalls kann seine Austelllung in der Eisenhalle zehren. Hier ließ er sich auf die harten Kanten der Industiearchitektur, die Transparenz ihrer Konstruktion aus Eisen und Glas, die Normierung sowohl ihrer einzelnen Teile als auch ihrer Proportionen und auf ihre Funktion als Ort technischer Produktion ein.

Auf die rauhe geweißte Wand rieb er mit Graphit Vergrößerungen von länglichen Werkzeugelementen, die sich zu vereinfachten Grundrissen auswachsen. Aus polierten Stahlblechen und den Gerüststangen von Lagerregalen baute er zwei Objekte, in denen sich Ordnungen und Maßeinheiten in vielfacher Weise spiegeln: wenige Elemente prägen ein System aus. Verfärbte, blinde Bleche hat Zappalorto mit der Hand zu flachen Schalen gebogen und kontrastiert damit den Rhythmus der normierten Größen; Handarbeit und industrielle Fertigung stoßen im Kunstobjekt als zwei Produktionsmethoden aufeinander. Er bezieht zwei Kisten aus Spanplatten ein, deren eine wiederum fabrikneu aussieht, während die Wände der anderen fleckig und bröckelnd in ein Stadium der Auflösung übergehen. Ventilatoren ergänzen das eine, Lampen das andere Objekt um einen technischen Zug, rücken sie in die Verwandtschaft von Maschinen.

Der erzeugte Luftstrom aber verliert sich in der Halle und die Lampen erhellen einen leeren Innenraum des Objekts, eine Miniaturbühne ohne dramatis personae. Das Nichts zu rahmen, Auftrittsorte ohne Besetzung zu gestalten, bedeutet für Zappalorto nicht nur meditative Freiräume zu schaffen, in denen die Stoffe von ihrem Eingebundensein in menschliche Produktion und Kultur zeugen; zugleich sieht er darin die Möglichkeit einer Entgegnung auf die mit Klischees überfüllten medialen Bilder, die jede klassische Form von Inhalt pervertieren. Katrin Bettina Müller

Ampelio Zappalorto in der Eisenhalle, Joachim-Friedrich-Str. 37, bis 10. März, Do und Fr 17-20 Uhr, Sa und So 11-14 Uhr