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Gespaltene Gefühle in Ägypten

Selbst Saddam-Gegner leiden unter der Zerstörung des Irak/ Dissenz mit USA zeichnet sich ab  ■ Aus Kairo Ivesa Lübben

Erleichterung, daß der Krieg endlich vorbei ist, ist die vorherrschende Gefühlslage in Ägypten. Aber mit Ausnahme der in Kairo lebenden Kuwaitis, die allabendlich mit Hupkonzerten und Autokorsos die Stadt verstopfen, kann sich niemand so richtig freuen. Selbst bei ausgemachten Saddam-Gegnern sitzt der Schmerz über die Zerstörung des Krieges und die Demütigung eines arabischen Brudervolkes durch US-Diktat tief.

So gespalten, wie die Gefühle der Ägypter während des Golfkrieges waren, so gespalten sind auch die Zukunftserwartungen. „Der Krieg hat die ganze Region in eine Serie von zu erwartenden Krisen gestürzt“, sagt Mustapha, Politologe an einem in Kairo ansässigen französischen Forschungsinstitut. Der Ölreichtum werde für die Neubewaffnung der Golfstaaten draufgehen. Und Israel werde einen Preis für seine Stillhaltepolitik verlangen und noch weniger Bereitschaft zeigen, in der Palästinafrage Zugeständnisse zu machen.

Andere sehen Chancen für einen Neuanfang. Die Golfmonarchien hätten sich ein für allemal überlebt. Demokratische Veränderungen seien unabwendbar, und wenn der Westen Stabilität in der Region wolle, müsse das palästinensische Problem gelöst und der Ölreichtum zugunsten von Entwicklungsaufgaben umverteilt werden. Und schließlich wollten nicht nur Israelis, sondern auch die arabischen Partner der US-geführten Anti-Saddam-Front belohnt werden. Aber in einem Punkt sind sich Optimisten wie Pessimisten einig: Eine „Pax Americana“, die den Arabern von den USA diktiert wird, kommt für niemanden in Frage. „Vorstellungen für eine Sicherheitsordnung müßten dem Willen der Staaten der Region selber entspringen“, erklärte der ägyptische Informationsminister Safut Scharif am Donnerstag.

Schon zeichnet sich ein erster Dissenzpunkt mit den USA ab. Während die USA das Palästinaproblem nur im Rahmen einer weiteren israelisch-arabischen Friedensregelung behandeln möchten, wollen die Ägypter US-Außenminister Baker bei seinem für nächsten Donnerstag geplanten Besuch unmißverständlich deutlich machen, daß eine gerechte Lösung des Palästinaproblems für sie äußerste Priorität habe. Dabei müsse das palästinensische Volk allein entscheiden, wie so eine Lösung aussehen könne. Am kommenden Dienstag werden sich die Außenminister der sechs Golfstaaten, Ägyptens und Syriens in Damaskus treffen, um gemeinsame Vorstellungen für eine Nachkriegsordnung zu entwickeln. Sie wollen den Rückzug der ausländischen Truppen erwirken. 44 Milliarden Dollar soll der Krieg nach Angaben der ägyptischen Regierungszeitung 'Ahram‘ gekostet haben, wovon 32 Milliarden von den Golfstaaten bezahlt wurden. Deswegen meinen die arabischen US-Verbündeten auch, das entscheidende Wort bei der Diskussion um die Nachkriegsordnung sprechen zu können — möglichst in enger Kooperation mit den anderen beiden großen Finanziers Japan und dem wiedervereinigten Deutschland.

Genschers Schaukelpolitik hat ihm in Kairo einigen Kredit eingebracht, da er den Anschein größerer Objektivität verleiht. Das Mißtrauen gegenüber den amerikanischen Plänen ist selbst bei ihren Freunden groß. Und nur eine multipolare Welt bietet den Ländern der Dritten Welt genügend Spielraum, eigene Vorstellungen über die Gestaltung der „Neuen Internationalen Ordnung“ einzubringen, meint man in Kairo.

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