Liebe Bundesligatrainer!

■ Offener Brief an eine eigenständige Berufsgruppe PRESS-SCHLAG

Schon vor geraumer Zeit sind Sie auf diesen Seiten freundlich ermahnt worden, sich doch bitte an die Regeln der deutschen Sprache zu halten (siehe taz vom 5.12.88). Inzwischen hat Ihr Problem mit der Grammatik aber fast epidemische Auswüchse erreicht. Es ist Zeit, einen scharfen Tadel zu erteilen.

Immer noch geht es dabei um Ihre Schwierigkeiten, Sein und Sollen sprachlich sauber zu scheiden. Hören wir nur Erich Rutemöller, dem Trainer des 1.FC Köln, einen Moment lang zu: „So eine Chance wie Hansi Flick bekommt man in der Bundesliga nicht oft. Wenn wir da in Führung gehen, kann sich das Spiel ganz anders entwickeln.“

Verhöhnen Sie Ihren Kollegen nicht. Rufen Sie nicht: „Hat der aber danebengehauen!“ Sie sind selbst nicht besser. Beim allwöchentlichen Wenn-und-aber-Wehklagen, Hinterherjammern vergebener Chancen und Kommentieren nicht stattgefundener Spielverläufe machen Sie doch inzwischen fast alle einen großen Bogen um den Konjunktiv. Wahrscheinlich glauben Sie, daß es glaubwürdiger oder irgendwie dramatisch echter klingt, wenn Sie so rotzfrech indikativ bleiben. Vielleicht nährt das auch Ihre Hoffnung, noch einige Wochen länger Ihre gutbezahlten Jobs behalten zu dürfen, weil Sie das gute Sollen ins reale Sein hinüberschmuggeln.

All das wäre eine läßliche Sünde, die man übergehen könnte, würde solch falsche Rede nicht direkt in Millionen Haushalte übertragen. So aber bringen Sie ernsthafte Gefahr.

Schon heute stehen kleine Jungs auf Schulhöfen und können keinen Satz mehr bilden wie etwa: „Wenn ich eine vier in Mathe geschrieben hätte, wäre ich versetzt worden.“ Und deshalb bleiben sie kleben und Sie, werte Bundesligatrainer, sind schuld an schon in frühen Jugendjahren verirrten Lebensläufen. Es gibt keinen Indikativ im Falschen!

Deshalb: Konjunktiv statt Indikativ! Wegen geht mit dem Genitiv! Und Doof bleibt DOOF!

Herzlichst

Christoph Biermann