In Israel bricht der Kriegskonsens auf

 ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Mit dem Ende des Waffenstillstands in der irakischen Wüste geht in Israel auch der weitgehende nationale Konsens der Kriegszeit zu Ende. Bei der oppositionellen Arbeiterpartei hat der von Parteichef Peres am Sonntag dem Vorstand präsentierte Vorschlag für eine heftige Debatte gesorgt. Peres ist darin bemüht, Jordanien — trotz seiner proirakischen Haltung während des Golfkriegs — eine zentrale Stellung in den Verhandlungen über die künftige Friedensordnung im Nahen Osten einzuräumen, die PLO soll jedoch weiterhin außen vor gehalten werden. In vager, vieles offenlassender Formulierung stellt das Papier des Oppositionsführers die Gründung einer palästinensisch-jordanischen Föderation in Aussicht. Peres will seinen Plan dem US-Außenminister James Baker vorlegen, der am kommenden Sonntag zu einem Besuch in Israel erwartet wird.

Unzufriedenheit mit dem Peres- Plan herrscht sowohl beim linken wie auch beim rechten Flügel der Arbeiterpartei. Entscheidend wird vor allem sein, welche Position der innerparteiliche Gegenspieler Peres', der als Hardliner bekannte frühere Verteidigungsminister Jizchak Rabin, einnehmen wird, der sich im Vorfeld kritisch zu den Überlegungen Peres' geäußert hatte.

Derweil konzentriert Ministerpräsident Schamir seine Bemühungen darauf, eine internationale Konferenz oder israelische Zugeständnisse in irgendeiner Form zu verhindern. Die PLO muß, bekräftigte Schamir am Samstag, „von der Verhandlungsszene im Nahen Osten eleminiert werden“. Israel werde andere palästinensische Gesprächspartner „suchen und finden“. Schamir hält fest an dem vor zwei Jahren zusammen mit der Arbeiterpartei erstellten Regierungsprogramm, das bilaterale Verhandlungen mit einzelnen arabischen Staaten und (unter Ausschluß der PLO) über zukünftige Wahlen für eine lokale Selbstverwaltung in den weiterhin von Israel beherrschten Gebieten vorsieht. Schamirs Außenminister David Levy hatte in letzter Zeit gewisse kosmetische Veränderungen an dieser Position in Aussicht gestellt, etwa die Einführung der „Autonomie“ für die Palästinenser auch ohne den komplizierten Wahlvorgang. Levy sprach sich auch für eine „elastischere Formulierung“ der israelischen Haltung gegenüber Syrien aus. Der extrem rechte Minister Neeman hingegen drängt darauf, anstelle der Verhandlungen mit Syrien und Jordanien nun Verhandlungen mit Saudi-Arabien und Kuwait aufzunehmen, die im Krieg gegen den Irak klar auf der „richtigen“ Seite standen. In diesem Zusammenhang schlägt Neeman unter anderem vor, die islamischen Heiligtümer in Ostjerusalem nicht mehr von Jordanien, sondern von Saudi-Arabien verwalten zu lassen.