Lothar Späth spielt Stehauf-Männchen

■ Landesparteitag der baden-württembergischen CDU

Spaichingen (taz) — Er wolle nicht Dinge von gestern im Kreis herumdrehen; auch werde er nicht als jammernder und klagender Landesvorsitzender herumlaufen. Nur eine Erklärung sei er den Delegierten des Landesparteitags schuldig: „Einen Späth kann man nicht durch Einladungen in seiner politischen Unabhängigkeit beeinflussen.“ Zwar kommt Beifall in der Spaichinger Stadhalle auf, aber mit „Lothar, Lothar“-Rufen wie in der Vergangenheit wird der verblaßte CDU-Hoffnungsträger längst nicht mehr skandiert.

Doch das CDU-Volk hält zu seinem einstigen Sonnenkönig: Späths Abschuß wird als Werk von Schmierenschreiberlingen angesehen; die Vorwürfe als lächerlich empfunden. „Was ist schon ein gesponsorter Urlaubstrip oder ein geschenkter Fernseher“, drückt im Foyer einer seinen Unmut aus über die „absurden Vorhaltungen“ gegen Späth oder Europaminister Heinz Eyrich.

Also spielt der gekippte Landesvater Lothar Späth Stehauf-Männchen: Dem Absteiger bleibt der Landesvorsitz — vorerst bis zum nächsten Parteitag im Oktober. Nach dem „einstimmigen Wunsch des Vorstands“ habe er sich entschlossen, den Posten beizubehalten, so Späth, den er 1979 von dem über seine Vergangenheit als furchtbarer Marinestaabsrichter gestürzten Vorgänger Hans Filbinger geerbt hatte. Doch wie schon damals, glauben viele Unionschristen, werde auch dieses Amt bald in die Hände des neuen Ministerpräsidenten Erwin Teufel gelegt; bis zum Herbst könnte dafür eine schlüssige Begründung gezimmert werden.

Und Späth demonstriert, daß er politisch längst nicht abgeschrieben werden will. Kämpferisch wie eh und je gibt er seine altbekannten Pläne zum Wiederaubau der neuen Länder zum Besten: viel mehr Geld, praktische Solidarität, rasche und unbürokratische Hilfe. Doch wen interessiert das aus dem Munde des CDU-Landeschefs einer der 16 Bundesländer. Selbst die Agenturen spitzen nicht mehr die Griffel.

Der alte und der neue Ministerpräsident demonstrieren „Solidarität“. Späth hält Teufel für eine gute Wahl, Teufel betrachtet Späth als Trumpf für das Land. Das Gespann scheint bereits eine Arbeitsteilung bis zur Landtagswahl in einem Jahr gefunden zu haben, wo sie die „Koalition zwischen den Bürgern und der CDU“ fortzusetzen gedenken: Der bodenständige Teufel (Part Heimatverbundenheit) beackert die Landespolitik; der weitgereiste Späth (Part Weltoffenheit) widmet sich globalen Problemen und Zukunftsszenarien. Denn, so Späth, „die Union war noch nie die Partei des Pessimismus“. Erwin Single