Die Endstation wird abgehängt

■ Langenstraße: Tbc-Kranke, Junkies und dealende Asylbewerber unter einem Dach

Mit „optimaler Bürgernähe“ beschreiben die MitarbeiterInnen des „Drogensozis“ in der Langenstraße 35 sarkastisch ihren Arbeitsplatz: Dort träfen die Drogenabhängigen gleich auf ihre Dealer, die ein Stockwerk höher zur Wohnungshilfe für Ausländer müssen. In den Besucherklos gingen abhängige Prostituierte ihrem Gewerbe nach — wenn sich dort nicht gerade ein Junkie einen Druck setzt. Das gerade eine Person starke Putzteam schaffe es schlichtweg nicht, die permanent mit Spritzen verstopften WCs zu reinigen, das Blut von Wänden und Fußboden zu wischen und die Scheiße aus den Ecken zu kratzen, die die Hunde der besonderen Klientel des Sozialamtes in der Langenstraße hinterlassen. All dies sei keine Horrorvision, sondern Alltag, betonten Ralf Werkmeister von der Abteilung Drogenhilfe und Wiebke Rendigs, Personalrätin im Amt für Soziale Dienste, Bereich Mitte/ West, gestern.

Stellvertretend für die 15 SachbearbeiterInnen, die in der Langenstraße 35 die Sozialhilfe für „Personen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten“ aus dem gesamten Stadtgebiet zu verteilen und verwalten haben, wandten sie sich wegen der unzumutbaren Arbeitsbedingungen ihrer Abteilung an die Öffentlichkeit. Denn auf Beschwerden und Einladungen an die senatorische Behörde hatten sie bisher keine Resonanz erhalten.

Während die NOSD, die „Neuordnung der Sozialen Dienste“, die Sozialämter aufgelöst hatte, um deren Leistungen im Stadtteil der Betroffenen anzusiedeln, blieben die Problemgruppen Straffällige, Nichtseßhafte, Drogenabhängige, die BewohnerInnen therapeutischer Wohnheime, Tbc-Kranke und der Sonderfahrdienst für Schwerbehinderte zentral dem Amt für Soziale Dienste Mitte/West angegliedert. Im Mai vergangenen Jahres hatte das Amt dem Wirtschaftssenator Platz gemacht und war aus der Martini- in die Langenstraße 35 umgezogen — „vorübergehend“ hieß es, denn das Haus soll abgerissen werden. Doch noch immer gibt es keine Pläne, wann und wohin die Anlaufstellen für die Problemgruppen verlagert werden sollen.

Und während in der „normalen“ Sozialhilfe die „Fallzahlen“ (dank verschiedener ABM-Projekte für Langzeitarbeitslose und stabilerem Arbeitsmarkt) sinken, die personellen Defizite endlich aufgeholt werden, expandieren die Gruppen mit besonderen Problemen rapide: Allein im Bereich der Drogenhilfe hat eine SachbearbeiterIn jetzt knapp doppelt soviele Fälle in Bearbeitung wie vor drei Jahren. Auch alle mit Methadon behandelten Abhängigen müssen mit ihren Akten zum „Drogensozi“ in der Langenstraße wechseln, selbst wenn sie dadurch zum Kontakt mit der Szene gezwungen werden.

Eine besondere Beratung der Süchtigen, Kranken oder Obdachlosen, wie sie das Bundessozialhilfegesetz vorschreibt, läßt sich nicht mehr durchführen. In anderen Ländern festgelegt, in Bremen aus Kostengründen nur empfohlen, sollen die SachbearbeiterInnen der Sonderbereiche nur zwei Drittel der normalen Fallzahl (92,5) bearbeiten: Das wären rund 70. Tatsächlich sind es in den verschiedenen Abteilungen der Langestraße mittlerweile durchschnittlich über 100.

Die Personalräte fordern deshalb eine Personal-Aufstockung und ein Nachdenken über Neustrukturierungen auch in Richtung Dezentralisierung: „Aber nicht zum Nulltarif.“ Morgen ist ein Gespräch mit der Sozialbehörde geplant. ra