Ein blendendes Geschäft

Norwegens Reedereien registrieren Rekordgewinne KRIEGSGEWINNLER — ABT. SKANDINAVIEN  ■ Aus Oslo Reinhard Wolff

Auch für Norwegen war der Golfkrieg ein blendendes Geschäft. Noch vor Jahresende werden die Kriegskosten mehr als hereingeholt sein. Norwegische Wirtschaftswissenschaftler haben dies auf Basis der bislang vom US-Kongreß berechneten Kriegskosten — 45 Milliarden Dollar — errechnet: Schon bis Ende dieses Jahres werde der Krieg der westlichen Welt im Gegenzug eine um 75 Milliarden Dollar verminderte Ölrechnung bescheren.

Noch im Dezember 1990 hatte die OECD bei ihrer Vorhersage der wirtschaftlichen Entwicklung angesichts der Besetzung Kuwaits einen Ölpreis von 27 Dollar zugrundegelegt. Statt dessen ist der Ölpreis um zehn Dollar gesunken und wird sich wahrscheinlich auf niedrigem Niveau halten.

Doch Norwegen hat sein Geschäft mit dem Öl bereits vor dem 16. Januar gemacht: Durch den seit August 1990 in die Höhe geschossenen Ölpreis konnte das Land 15,5 Milliarden Kronen mehr für seine Ölverkäufe einnehmen. Gut zwei Drittel davon — 11,6 Milliarden Kronen (fast drei Milliarden DM) — gingen in Form direkter Steuern und Abgaben an die Staatskasse. Der Extraschub aus der Nordsee konnte damit das eigentlich eingeplante Haushaltsdefizit fast vollständig ausgleichen.

Auch die Reedereien haben mit dem Waffenstillstand die Zeiten der Supereinnahmen erst einmal hinter sich. Trotz gestiegener Versicherungsprämien und kriegsbedingt angewachsener anderer Kosten haben sie mit ins Kriegsgebiet geschickten Schiffen das große Geld gemacht. Bis zu 50.000 Dollar konnten mit einem 150.000- Tonnen-Tanker zwischen Mitte Januar und Ende Februar verdient werden. Pro Tag. Mit manchem alten Kahn, der zu zwei Fahrten ins Kriegsgebiet geschickt wurde, konnte eine Reederei damit fast das Geld für einen modernen Neubau verdienen.

Und der Boom scheint noch keineswegs zu Ende: Die Truppen der Alliierten brauchen weiterhin große Mengen an Treibstoff. Die zerstörten Raffinerien in Kuwait und dem Irak versprechen für die nächsten Monate ausgelastete Schiffe auch für die normalerweise leeren Rückfahrten an den Golf: Benzin und andere Raffinaden, bis die einheimische Produktion dort wieder in Gang gekommen ist.