Kommt Saddam nach Algier?

Erst einmal muß 'Le Mondes‘ Korrespondent Algerien verlassen  ■ Aus Paris Oliver Fahrni

Als zur Waffenruhe am Golf der französische Premier Michel Rocard kundtat, die politische Zukunft Iraks liege allein in Händen des irakischen Volkes, wußte man bereits, daß die Koalition energisch am Sturz Saddam Husseins arbeitete. Eine erste Erhellung lieferte am Samstag die Pariser Tageszeitung 'Le Monde‘. Saddams Abgang und Exil, schrieb Algerien-Korrespondent Georges Marion, sei von Beginn an Gegenstand der Waffenstillstandsverhandlungen gewesen. Der irakische Präsident habe in Algier schon seine mögliche Aufnahme sondiert. Die Algerier, durch libysche und tunesische Erfahrung gefeit, hätten sich ihrerseits bei der Koalition versichert, daß Saddam nicht über seine Entfernung hinaus bis ins Exil gejagt werde.

Jetzt packt Georges Marion seine Koffer. Das algerische Außenministerium hat sofort dementiert („pure journalistische Erfindung“) und ihm die Akkreditierung entzogen: „Der Korrespondent von 'Le Monde‘ hat die essentiellen Regeln des Berufsethos verletzt, sein Artikel zielt darauf ab, die Interessen Algeriens und sein Image zu beschädigen.“

Der irakische UNO-Botschafter nennt die Geschichte „Schwachsinn“. Die kuwaitische Herrscherfamilie läßt sagen, sie werde, wie und von wo auch immer, Saddam Hussein vor ein Gericht zerren. Und in Algier wittert man gar eine Manipulation der Koalition „gegen die Moral der arabischen öffentlichkeit... Ja, Saddam Hussein wird in Algerien willkommen sein“, schreibt der Editorialist von 'Le Soir d'Algérie‘, „aber als Staatschef eines Bruderlandes, der unseren Respekt und unsere Wertschätzung verdient für die Rolle, die er gespielt hat... Und kommt er nach Algerien, wird ihm das Volk einen triumphalen Empfang zu bereiten wissen.“

Wer in Algier nachbohrt, hört Widersprüchliches. Ein hoher Beamter aus dem inneren Zirkel um Premier Mouloud Hamrouche übt sich in Mentalakrobatik: „So stimmt die Meldung nicht. Meine Privatmeinung ist, daß der 'Monde‘ gute Quellen hat. Der Punkt ist anderswo: Man darf davon ausgehen, daß ein Teil der irakischen Führung über einen schmerzlosen Abgang nicht unglücklich wäre. Andererseits scheinen sich die Westmächte unter sich und mit der Sowjetunion noch auf kein gemeinsames Vorgehen geeinigt zu haben. Wir werden bald mehr wissen dürfen.“

Radio-Trottoir, die algerische Gerüchteküche, hat die Meldung sogleich zur baldigen Ankunft Saddams angereichert. Die Algerois machten daraus die doppelbödige Frage, ob Präsident Chadli „einen so starken Mann im gleichen Land dulden könnte“.