Der Daddy-Typ

In den 70er Jahren machten sich alle lustig über die geilen Böcke, die um die halbe Welt jetteten, um dem Ruf der Natur zu folgen. Die Flugzeuge, die die Sextouristen nach Thailand brachten, hießen Bums- Bomber; wenn sie zurückflogen, nannte man sie Tripper-Clipper. Doch dann kam das Aids-Zeitalter, und selbst dem vorlauten Volksmund blieben die Witze im Halse stecken. Viele Sexreisende interessiert die Seuche jedoch einen Dreck. Erstmals befragten jetzt Wissenschaftler in thailändischen Tourismus- und Amüsierhochburgen wie Bangkok und Pattaya 152 deutschsprachige Männer im Alter von 20 bis 76 Jahren zu ihrem Bums-Verhalten. Ein Ergebnis: Nur jeder zweite der Rammler benutzt in Thailand ein Kondom. Im Durchschnitt haben die deutschen Männer mit den entfesselten Hormonen in den ersten 14 Urlaubstagen drei Sexkontakte. Neun von zehn Touristen treiben es im Hotel. Hier ist die Kondombenutzungsrate am geringsten. Ein großer Teil der verklemmten Chauvis besucht auch in Deutschland regelmäßig eine Hure. Doch hier bestehen die Frauen vernünftigerweise darauf, daß eine Lümmeltüte benutzt wird. In Thailand ist das anders. Wegen der sozial schlechten Stellung der Frau, die wegen Arbeitslosigkeit und fehlender Mittel zur Prostitution gezwungen ist, kann eine Thailänderin sich den Kauf von Kondomen bei Stückpreisen von einer Mark und mehr oft gar nicht leisten. Die Deutschen lieben das. Ihre ausgebeuteten Partnerinnen sind meist sehr jung, im Durchschnitt 24 Jahre alt. Die Männer schätzen an ihnen „Bescheidenheit, Jugendlichkeit und Unternehmungslust“. Die meisten der Sextouristen sind Wiederholungstäter, sie fahren immer wieder hin. Je mehr sie glauben, sich auszukennen, desto weniger benutzen sie dann einen Gummi.

Und wie sieht er nun aus, der germanische Bock? Völlig normal — von außen betrachtet. Die Hälfte der reisenden Sexisten ist ledig, ermittelte die Forschergruppe, ein hoher Anteil geschieden. Die Befragten ordneten sich selbst in folgende Gruppen ein. Die meisten sehen sich als „Daddy-Typ“, andere als „Lonesome Rider“ oder Playboy. Viele von ihnen sehen im Sextouristen nur „die anderen“. So meinte z.B. ein 50jähriger angewidert: „Schauen sie doch nur, was dort der 70jährige mit dem jungen Mädchen treibt.“ Der sexreisende deutsche Mann ist also auch heute noch das, was er immer schon war: eine wandelnde Reklame für massive staatliche Subventionen zur Förderung der geistigen Gesundheit. Karl Wegmann