Das große Fressen in Halle 7

■ Mit erlesenen Gerichten aus der Heimat werben die Tourismusanbieter auf der ITB für ihre Länder/ Die taz fraß sich durch

Berlin. Der Cocktail des Pullmann International Hotels in der Halle 9c am Funkturm ist zu schön zum Trinken. Jedenfalls am frühen Nachmittag. Mehrfarbig übereinandergelagerte Liköre, aufgeschüttet mit Champagner, weder geschüttelt, noch gerührt.

Vielleicht lieber Teatime — with a touch of class anläßlich der Wiedereröffnung des Langham Hilton in London, oder vielleicht eine Kaffeepause am Israel-Stand, Halle 8. Der Tourismus soll wieder boomen, auch am Golan und in der Westbank. Traumhaft lockere Sahnetorten und Fruchtschnittchen, als Beigabe ein Glasröhrchen mit buntem Sand aus der Wüste Negev. Nicht zum Essen, sondern zum Mitnehmen.

Zu dumm, die Verlosung war schon vorüber, dabei war vor allem der Trostpreis attraktiv. Eine Woche Hilton in Jerusalem — ohne Flug allerdings. Den Aufenthalt gewann eine Dresdnerin. Sie würde gerne nach Jerusalem, meint sie, aber wo kann sie jetzt noch den teuren Flug gewinnen?

Das Fünf-Sterne-Restaurant »Die Ente von Lehel« im Hotel Nassauer Hof aus Wiesbaden reicht in Halle 7 badische Spezialitäten und trockenen rosa Champagner. Die Gäste, in der Einladung als »charmant« angekündigt, schienen alle vom gleichen Modemacher eingekleidet. Schwarz in allen Variationen, am schwärzesten die Sonnenbrillen. Die schützten vor dem Blitzlichtgewitter. Mich fotografierte keiner, vielleicht weil ich nicht lachte. Aber das soll man auch nicht mit vollem Mund.

Erster Gang: zartrosa Lachs in einem hellgelben Maultaschenteig, dekoriert mit hauchdünn gewürfeltem grünen Frühjahrsgemüse. Zweiter Gang: vier perfekt marinierte und geröstete Entenbrustscheibchen neben einem Klecks von rustikalem Kartoffelsalat. Der Kontrast macht es. Die Speisen auf dem Nachtisch sind ein Gedicht. Rhabarbervariationen: ein tiefrosa Moussee und eine hellrosa Scheibe von Sahneeis. Dazu ein grünes Melissenblatt und die Ente von Lehel in Marzipan. Am Ausgang stand das blaue Unicef-Sparschwein. Spenden für die hungernden Kinder in aller Welt waren erwünscht. Ich schwöre: Meine Ablaßmarkstücke waren die ersten, die hineinklingelten, und dabei war ich fast die letzte, die ging.

Fast: Denn Eile war angesagt. In Halle 3 luden die Japaner zu einem Get together ein. Das Spezialitätenlokal »Sapporo« hatte Algenhäppchen angeliefert, dazu rohe Fischstückchen mit diversen Soßen und grünem Meerrettich, sowie diverse frittierte Fleischstückchen in einem Reisbett. Die Gäste schienen seit Tagen nichts gegessen zu haben, denn die silbernen Platten konnten fünfzehn Minuten nach Empfangsbeginn völlig abgeräumt wieder weggetragen werden.

Der japanische Wein floß dafür ausreichend. Er wurde aus Holzkästchen getrunken — viele kleckerten. Mit den Eßstäbchen konnten die Gäste besser umgehen. Zum Abschied brauchte keiner was zu spenden. Im Gegenteil. Lächelnde Japanerinnen übergaben bunte Tüten mit dem Fudschijama darauf. Darin alles Notwendige für die nächste Japanreise. Lederne Kofferanhänger, formschöne Adressbücher und feinschreibende Bleistifte.

Zum Abschluß schnell noch ein Sekt beim Toscana Stand in Halle 23 — ein Glück, daß die Messegesellschaft einen Busdienst zwischen den Hallen eingerichtet hat. Denn die Zeit drängt, der mexikanische Tourismusminister lädt zu Tacos, Tortillias und Tequilla ein. Ins Hotel Kempinski. Anita Kugler