ANC-Inkatha-Frieden in Gefahr

Krisentreffen nach Gewalt in Soweto/ Attentate auf Prominente beider Seiten häufen sich  ■ Aus Johannesburg Hans Brandt

Vertreter des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) und der Inkatha-Freiheitspartei (IFP) von Zulu- Häuptling Mangosuthu Buthelezi haben sich gestern in Johannesburg getroffen, um die jüngsten Gewaltausbrüche zwischen ihren Anhängern in Soweto zu besprechen. Am Sonntag und Montag waren bei schweren Kämpfen zwischen IFP- und ANC- Unterstützern in einem Wohnheim für Wanderarbeiter in Soweto 24 Menschen getötet und 15 verletzt worden. Die Kämpfe flammten in der Nacht zum Dienstag wieder auf. Diese Auseinandersetzungen als auch Attentatsversuche in der lezten Woche auf wichtige ANC- und IFP- Führer in der Provinz Natal belasten wieder zunehmend die Beziehungen zwischen den beiden Parteien.

Der ANC rief zur sofortigen Einberufung einer Kommission zur Untersuchung der Hintergründe der Kämpfe in Soweto auf. Ein Sprecher des ANC in Johannesburg, Ronnie Mamoepa, behauptete am Montag unter Berufung auf Augenzeugen, die Polizei habe Zulus bei Angriffen auf Xhosas in Soweto eskortiert. „Wir haben schon immer geglaubt, daß die Polizei nicht den politischen Willen zur Beendigung der Gewalt in den Townships hat,“ sagte Mamoepa. Ein Hubschrauberpilot der Polizei, Major Andre Goosen, beschrieb hingegen gestern vor der Presse, wie er bei starkem Wind und Gewitter bis dicht an die kämpfenden Gruppen herangeflogen sei, um sie auseinanderzutreiben.

Mamoepa warnte, daß die Gewalt sich, wie schon im letzten Jahr, auf andere Gebiete ausbreiten könnte. Nach Berichten aus ANC-Kreisen ist die Situation vor allem in schwarzen Wohngebieten östlich von Johannesburg besonders gespannt. Dort waren bei Kämpfen rund um die Wohnheime für Wanderarbeiter zwischen Juli und Oktober letzten Jahres etwa 1.000 Menschen umgekommen. Fehden zwischen ANC und IFP in der Provinz Natal, dem Kerngebiet der Zulus, haben in den letzten vier Jahren mehr als 5.000 Tote gefordert. Dieses Blutvergießen sollte durch das Friedensabkommen vom Januar beendet werden.

Am Wochenende haben Unbekannte offenbar zweimal versucht, den als besonders militant geltenden ANC-Führer Harry Gwala in der Nähe der Stadt Pietermaritzburg zu ermorden. Am Samstag wurde auf Gwala geschossen, als er vor einer Versammlung sprach. Am Sonntag wurde sein Auto im letzten Augenblick umgeleitet, nachdem Schützen am Straßenrand entdeckt worden waren. Der als „Kriegsherr“ verrufene IFP-Führer David Ntombela war am Donnerstag unverletzt davongekommen, als auf sein Auto geschossen worden war. Und am Montag wurde ein führender ANC-naher Häuptling, Mhlambunzima Maphumulo, erschossen.