Baker muß nun „den Frieden gewinnen“

Der US-Außenminister reist mit vagen Plänen in den Nahen Osten/ Die Modalitäten einer US-Präsenz am Golf sind zu verabreden/ Zusätzliche Militärhilfe an Israel/ PLO ist diskreditiert  ■ Aus Washington Rolf Paasch

Nachdem die US-Militärs ihre Schlacht siegreich geschlagen haben, gilt es für US-Außenminister James Baker nun, „den Frieden zu gewinnen“. Wenn er am Mittwoch zu seiner ersten Nachkriegsreise im Nahen Osten eintrifft, trägt Baker im Reisegepäck auch einen „zweigleisigen Lösungsversuch“ für die arabisch-israelische Problematik, der sowohl Verhandlungen zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarstaaten als auch einen Dialog zwischen Israel und den Palästinensern vorsieht. Doch bereits vor Antritt seiner Reise hatte Baker klargemacht, daß er ohne konkrete Vorschläge in die Hauptstädte der Region reisen wird. „Wir können dort nicht einfach ankommen und sagen: ,Dies hier ist der amerikanische Vorschlag‘“, hatte Baker am Sonntag in einem Fernsehinterview erklärt. „Solch ein Vorschlag würde von einigen Patriots sofort wie eine Scud- Rakete abgeschossen werden!“

In seinen Äußerungen vom Wochenende hatte Baker auch deutlich gemacht, auf wen die USA bei ihrer diplomatischen Vermittlung nach dem Ende des Golfkriegs setzen werden. Danach ist PLO-Chef Yassir Arafat in den Augen der USA durch seine Haltung zum Einmarsch Saddam Husseins in Kuwait „ernsthaft und substanziell angeschlagen“. Auch Präsident Bushs Sicherheitsberater Brent Scowcroft kann sich die PLO-Führung nach ihrer „kolossalen Fehleinschätzung und -entscheidung“ nur noch „mit Schwierigkeiten“ als Verhandlungspartner vorstellen; womit die USA in dieser Frage mehr oder weniger die Haltung Israels übernommen hätten.

König Hussein von Jordanien dagegen, so hatte Baker zu erkennen gegeben, könnten die USA unter Umständen seine pro-irakische Haltung im Golfkrieg noch einmal „vergeben und vergessen“. „Wir wollen ihn (König Hussein) weiter an der Macht sehen“, sagte Baker.

Abgesehen von diesen neuen Positionsbestimmungen gegenüber den arabischen „Spielern“ sind die US- Vorschläge für den anvisierten arabisch-israelischen Friedensprozeß so unbestimmt wie eh und je. Unterdessen ist in den Kommentarspalten der US-Presse wieder der alte Kampf um das richtige Verhalten gegenüber Israel ausgebrochen. Wenn Baker bei seinem ersten Besuch in Tel Aviv gleich betone, wieviel Israel den USA nach dem Golfkrieg schulde, wie sehr man sich den arabischen Verbündeten verpflichtet fühle und welchen Druck sich ein völlig unangefochtener George Bush nun auf Israel leisten könne, so warnte der erzkonservative und israelfreundliche William Safire in der „New York Times“, „dann werden wir wieder in die Jahre der Bitterkeit, Unnachgiebigkeit und verpaßten Möglichkeiten zurückgeworfen“.

Die Bush-Administration wird in dieser Situation wieder versuchen, so etwas wie einen Mittelweg zu steuern: vorsichtigen Druck auf Israel auszuüben, ohne das bereits gespannte Verhältnis zwischen Präsident Bush und Premierminister Schamir weiter zu verschlechtern. Diesem Ziel gilt auch die jetzt angedeutete Bewilligung zusätzlicher Militärhilfe in Höhe von 800 Mio. Dollar an Israel als Teil des Ergänzungshaushalts für die „Operation Wüstensturm“. Mit dieser Bereitschaft zu zusätzlicher finanzieller Hilfe hat die Bush-Administration dem Druck der pro-israelischen Lobby im Kongreß nachgegeben und versucht, einem noch großzügigeren Vorschlag der Demokraten im Kongreß zuvorzukommen. Außerdem soll Israel, das von den USA weitere Kreditgarantien in Höhe von 12 Milliarden Dollar fordern wird, für die Zeit des Baker-Besuchs nächste Woche erst einmal besänftigt werden.

Auf den arabischen Stationen seiner Nahost-Reise wird Außenminister Baker dagegen vor allem über die Pläne für eine größere US-Präsenz am Golf konferieren. Während Präsident Bush die dauerhafte Stationierung amerikanischer Bodentruppen in der Region ausgeschlossen hat, wollen die USA mit ihren neuen arabischen Verbündeten regelmäßige Manöver, Trainingslager sowie die Lagerung amerikanischer Waffensysteme und Munition vereinbaren. Auch ohne dauerhafte Truppenpräsenz wird das für die Region noch zu entwickelnde „neue Sicherheitssystem“ vor allem eine verbesserte militärische Schlagkraft der USA im Nahen Osten bringen.