„...Beitrag zur europäischen Verteidigung"

■ Die umstrittene Vorlage des SPD-Präsidiums für den Leitantrag zum Mai-Parteitag DOKUMENTATION

1.Mit dem Abbau des Ost-West-Konflikts und der Beendigung der deutschen Teilung kommen auf die Bundesrepublik neue friedenspolitische Aufgaben zu. Wir wollen uns im Rahmen der EG und im Rahmen der Vereinten Nationen an der Herstellung internationaler Stabilität beteiligen und dazu beitragen, daß Konflikte zwischen einzelnen Nationen durch eine politisch und finanziell gestärkte UNO beigelegt werden können.

Wir wollen sowohl national als auch im UNO-Rahmen Investitionen in die zivile Infrastruktur von Krisenregionen fördern, damit Kriege durch Maßnahmen einer vorbeugenden Friedenssicherung wirksamer verhindert werden können.

2.Frieden wird es so lange nicht geben, wie zahlreiche Völker Gewalt, Ausbeutung und Unterdrückung der Menschenrechte erleiden und das Selbstbestimmungsrecht nicht ausüben können.

Auch aus eigenen Sicherheitsinteressen wird die Überwindung des Nord-Süd-Konfliktes immer drängender.

Die SPD will durch wirtschaftliche Kooperation, durch Hilfe zur Selbsthilfe, durch Änderung der internationalen Rahmenbedingungen für die Finanz-, Währungs- und Handelspolitik Konflikte mindern.

3.Deutschland wird auch zukünftig Streitkräfte zur Verteidigung brauchen. Künftige deutsche Streitkräfte müssen in Umfang, Doktrin, Struktur und Ausrüstung so bemessen sein, daß sie zur Landesverteidigung befähigt sind und die Bündnisverpflichtungen erfüllen können. Sie müssen so vermindert werden, daß Bedrohung von ihnen nicht ausgeht, sie jedoch weiterhin kriegsverhindernd wirken.

Die Bundesrepublik Deutschland wird beim Zusammenwachsen der EG zu einer Politischen Union einen angemessenen Beitrag zur europäischen Verteidigung leisten. Gleichzeitig muß sie in der Lage sein, sich im Rahmen der UNO und unter UNO-Kommando an friedenssichernden Einsätzen („Blauhelme“-Mission) zu beteiligen.

4.Für die Aufgaben der Bundeswehr sind heute erheblich weniger Mittel erforderlich als zu Zeiten der Blockkonfrontation. Der Verteidigungshaushalt muß sofort unter 50 Milliarden DM abgesenkt werden.

5.Die SPD verurteilt die deutsche Mitwirkung an der Aufrüstung von Staaten der Dritten Welt und die Geschäftemacherei mit Rüstungsgütern und Technologien, die für Kriegswaffen genutzt werden können. Verstöße gegen das Verbot von Rüstungsexporten müssen mit wirksamen ökonomischen und strafrechtlichen Sanktionen geahndet werden; sie gehören zur Kategorie der Schwerstkriminalität und müssen gesellschaftlich geächtet werden. Erlöse aus illegalen Waffengeschäften und damit in Verbindung stehende Vermögenswerte müssen vollständig eingezogen werden.

Die Bundesregierung fordern wir auf, Waffenexporte in Staaten, die nicht Mitglied des Nato-Bündnisses oder gleichgestellt sind, zu verbieten und Rüstungsgüter nur zu exportieren, wenn der Endverbleib garantiert ist. Dies gilt auch für Koproduktionen.

6.Zur Sicherung des Friedens in Europa sind weitere Abrüstungsschritte erforderlich. Die Verhandlungen über die Verringerung der konventionellen Waffen und Streitkräfte müssen zu einer Halbierung des auf der KSZE-Konferenz in Paris erreichten, immer noch weit überhöhten Bestandes führen.

Mit multilateral vereinbarten Obergrenzen muß eine regional ausbalancierte strukturelle Angriffsunfähigkeit der europäischen Staaten untereinander bis zur KSZE- Konferenz 1992 vertraglich gesichert werden. (...)