Marktkultur und Marktwirtschaft

■ taz-Forum: Neue Ideen für die Markthalle, Teil 3 / Filmstudios und Designer? / Von Hartmut Häußermann

Die „Markthalle“ ist jetzt endgültig keine Markthalle geworden — das alte Zentralbad am Richtweg steht wieder leer. Ein Riesenbau, und alles frisch gestrichen. Parkplätze eingebaut. Für uns: 6000 Quadratmeter zum Volldenken!

Das Modernes will einziehen, das Aladin und der Mega-Gastwirt Grunert haben sich auch schon beworben. Es könnte ein Zentrum entstehen für Medien, Genuß, Shows, Leckereien aller Art, für Kleinpresse oder Design, eine Erlebnishalle...oder was fällt Ihnen ein? Fühlen Sie sich aufgefordert.

Im dritten Teil der taz-Serie meldet sich Prof. Hartmut Häußermann, Stadtsoziologe, zu Wort.

Die neue Markthalle war zuvor ein altes Hallenbad. Weil innerhalb der Wallanlagen in der Bremer Altstadt nur noch wenige Menschen, darunter kaum Kinder, wohnen, hatte dieses Bad nur noch wenige Besucher. Der Senat wollte eine Einrichtung, die hohe Kosten verschlang, loswerden, aber nicht zugleich eine andere Einrichtung schaffen, die wieder unrentierlich sein würde. Kosten reduzieren, kein Geld für Umnutzung ausgeben müssen und außerdem noch Geld einnehmen — die Privatisierung sollte es möglich machen. Also wurde ein weiteres städtisches Grundstück verscherbelt.

Nun läuft das aus Hannover importierte Vermarktungskonzept nicht, dafür war es zu popelig. Den Investor wird's nicht sonderlich quälen, denn ein Abschreibungsgeschäft bleibt es allemal. Aber was soll man mit einem Gebäude in zentraler Lage machen, in dessen Nähe keine Kundschaft wohnt, und das außerdem irgendwie im Abseits liegt?

Randbedingung für alle Überlegungen ist nun die Rentabilität. Das muß nicht das schlechteste Kriterium sein für die Nutzung eines zentral gelegenen Gebäudes, aber es schließt so ziemlich alle kulturellen Nutzungen aus, die nicht auf eine massenhafte Vermarktung schielen — ein Kulturzentrum, das sich selbst trägt,

hierhin das große

Gebäude

wäre schon denkbar, wenn jetzt nicht der Kaufpreis und die Investitionen über die Mieten verzinst werden müßten.

„Breitenkultur“ oder „Alternativkultur“ kommt nicht infrage, weil sie in der Regel mehr Kosten als Einnahmen haben, aber auch deshalb nicht, weil sie nur in den Stadtteilen Sinn machen, wo auch mehr Menschen wohnen — eine räumliche Zentralisierung widerspräche ganz ihrem Kulturverständnis.

Aber ist denn das, was der herr

schenden Kultur als „alternativ“ gilt, das einzig Lebendige in dieser Stadt?

Wie steht's denn mit der Wirtschaftsförderung? Könnte die nicht ein Zentrum für moderne Dienstleistungen subventionieren, vergleichbar dem Technologie-Zentrum, wo Gebäude und Organisation für innovative Jungunternehmer öffentlich finanziert werden?

Filmemacher, Werbefirmen, Designer, Umschulungs- und Weiterbildungseinrichtungen, Experimentierwerkstätten, Tonstudios und neue Drucktechniken könnten doch in einem Medienhaus, in dem sich gefälligst auch mal Radio Bremen mit Ausbildungsfunktionen engagiert, ein innovatives Milieu entfalten, das die Selbstdarstelllung der Unternehmen in der Bremer Region auf ein zeitgemäßes Niveau hebt — und damit hätten die auch einen Anlaß, ein bißchen Kohle in das Unternehmen fließen zu lassen.

Denn nach der Privatisierung läuft an diesem Ort in Bremen nichts mehr, woran nicht ein Unternehmen in Frankfurt verdient. Unser Senat hat es so gewollt. Und damit ist auch das nicht mehr möglich, was ich am schönsten fände: ein multikulturelles Zentrum, nur von Ausländern, Immigranten und Zuwanderern organisiert, ohne gewerbeaufsichtliche Schließungszeiten, mit Läden, Festen, Restaurants und Tempeln. Vielleicht gäbe es dann in der Hafenstadt Bremen endlich auch mal einen Ort, wo Meeresfrüchte frisch, gut und nicht so teuer angeboten werden. Hartmut Häußermann