Abenteuer satt!

■ Über die Höhepunkte und Tiefschläge des heutigen TV-Tages

Vorbei die Zeiten, wo Brennpunkte und andere Sondersendung zum Golfkrieg die ZuschauerInnen um ihre gewohnte Fernsehkost brachten. Der Krieg ist aus und die Mattscheibe wieder frei für die wahren, die maßgeschneiderten Abenteuer aus den Traumfabriken. Die ARD steigt morgen um 14.30 Uhr mit dem Hamster im Nachthemd zwar noch recht harmlos ein, schwingt sich aber anschließend mit der Beobachtung der größten Säugetiere der Erde in ein gigantisches Abenteuer Wildnis.

Am Abend, um 20.15 Uhr, schauen sie dann dem wohl schillerndsten Abenteuerer in der real nicht mehr existierenden DDR auf die manikürten Finger. Hüter des verlorenen Schatzes ist zwar kein Steven-Spielberg-Plagiat, verspricht aber trotzdem spannend zu werden, denn Detlev Rohweder, Treuhandchef und damit Herr über 8.000 Betriebe hat nicht nur mit dem maroden Erbe des Arbeiter- und Bauernparadieses zu kämpfen, sondern muß auch ein wachsames Auge auf windige Investoren haben, die mit Honneckers Erbe die schnelle Mark machen wollen. Mit diesem Realo-Thriller tritt die ARD allerdings in harte Konkurrenz zu den Privaten, die ebenfalls schweres Geschütz aufgefahren haben.

Bei Pro7 kämpft sich Peter Alexander an der Seite von Vivi Bach und Bill Ramsey durch flache Witze und müden Humor. Die Abenteuer des Grafen Bobby waren Anno Domini 1961 zwar noch ein echter Heuler, locken heute aber nur Hartgesottene vor die Flimmerkiste. Dann doch lieber Robert Roger Rabbit Zemeckis Abenteuerklamotte Auf der Jagd nach dem Grünen Diamanten den Sat.1 um 21 Uhr ausstrahlt.

Das Rosenkrieg gestählte Paar Michael Douglas und Kathleen Turner bewegen sich diesmal auf verschlungenen Dschungelpfaden und Danny De Vito hüpft auch durchs Unterholz. Während sich anschließend Bobby Mitchum auf der gleichen Welle in dem US-Western Der gnadenlose Rächer durch 90 Filmminuten ballert,

findet bei RTLplus die gnadenlose Dirndljagd am Wörthersee statt. Das deutsche Lederhosen-Sexspektakel gehört vielleicht nicht zu den Höhepunkten des Abends, hat aber immerhin einen erwähnenswerten Orginaltitel: Her mit den kleinen Schweinchen! Übertroffen wird dieses Meisterwerk der Titelkunst an diesem Abend nur noch von Geier, Geld und goldene Eier (Lust in the Dust). Tele5 verkauft uns diesen Stabreim um 22 Uhr als Westernkomödie.

Mit einer echten Kuriosität wartet Südwest3 um 23 Uhr auf. Ein sehr alter Mann mit großen Flügeln ist während eines Sturms vom Himmel direkt auf eine Karibikinsel gefallen. Das merkwürdige Wesen mit dem sich keiner verständigen kann wird unter den Inselbewohner zur großen Attraktion. Regisseur Fernando Birri schlüpfte selbst in die Titelrolle. Als literarische Vorlage diente seiner Geschichte über Aberglauben und Heilserwartung, Religiosität, Wunder und Rummel eine Geschichte des Schriftstellers Gabriel Garcia Marquez.

Wie die Heilserwartungen nach dem großen nuklearen Feuer aussehen könnten, beschreibt Douglas Trumbull in seinem Hippie-Öko-SF-Märchen Lautlos im Weltraum (Silent Running) um 20 Uhr auf West3. Obwohl dem Weltraumlichtspiel angesichts der realen ökologischen Schweinerei eine gewisse Aktualität nicht abgesprochen werden kann, reißt der zu Tränen rührende Sing- sang der Joan Baez in den fliegenden Gärten nach der xten Wiederholung nur noch postpubertäre Flower-Power-Naturfreunde von ihren wohngemeinschaftlichen Ratansitzmöbeln.

Aber an diesem Abend fliegen noch ganz andere Brocken durchs All. Zum Beispiel Michael Endes rosarotes Kuscheltier, den ein jugendlicher Held als fliegendes Reittier benutzt, um das von phantasielosen Erwachsenen bedrohte Phantasien zu retten und damit Die Unendliche Geschichte doch noch zu einem Ende zu bringen. Wolfgang Petersens millionenschweres Bavaria- Märchen erheitert um 20.25 Uhr auf N3 das kindliche Gemüt. Weitaus ernsthaftere Beschäftigung mit den kleinen Erwachsenen liefert das ZDF um 23.10 Uhr mit Louis Malles preisgekröntem Spielfilm Auf Wiedersehen, Kinder. Die autobiographisch gefärbte Internatsgeschichte um einen jüdischen Jungen im nazibesetzten Frankreich endet mit einem folgenschweren Blick. Mit diesem Film ist Monsieur Malle nach seinen zehnjährigen Amerika-Abenteuer nach Frankreich und damit an die Stätte seiner Kindheitserlebnisse zurück gekehrt.

Wem die wortkarge Vergangenheitsbewältigung eines französischen Filmemachers zu anspruchsvoll ist, der kann sich bei RTLplus um 23.40 Uhr mit Charles Bronson als Rächer der Unterwelt vor seinen Alpträumen noch einen dumpfen gewaltverherrlichenden Abenteuernachschlag verpassen. Rote Korsaren