PACK SCHLÄGT SICH...Pack verträgt sich: Der Einstieg ins weltpolitische Verantwortungsgeschäft

Das soll nicht noch einmal passieren: Daß Gesetze die Deutschen vom Krieg abhalten und zum Scheckbuch-Militarismus verdonnern. Auch mit einem Bundeswehr-Kontingent für die Blauhelme der UNO-Truppe ist es bei einem 80-Millionen-Volk nicht getan, dies entspräche, so der SPD-Verteidigungsexperte Horst Niggemeier, in etwa dem gleichen Beitrag den „die 700.000 Einwohner der Fidschi-Inseln“ leisten. Und damit natürlich keinesfalls der „weltpolitischen Verantwortung“ (CDU-Generalsekretär Rühe), die das „vereinte Deutschland nach einer Übergangsphase“ wahrzunehmen hat. Für den Generalinspekteur der Bundeswehr Admiral Wellershoff ist die Sache ganz klar: „Wir können künftig in Krisenfällen nicht nur mit Flaggenwedlern auftreten.“ Flak-Geschütze sind das mindeste: „Durch aufgeblasene Ängste einzelner Soldaten wurde das Bild der Bundeswehr beschädigt... Wir stehen vor einer wirklichen Reform der Bundeswehr. Es geht nicht um ein paar Korrekturen.“

Etwas besseres als der Golfkrieg konnte den Militärs überhaupt nicht passieren: Das Blut floß nicht nur für Völkerrecht und Öl (Benzinpreis am Montag 99 Pfennig!!!), sondern auch für Krieg. Der Eiertanz um eine Armee ohne Feindbild hat ein Ende, daß sich der Warschauer Pakt — die Armada des Bösen — aufgelöst hat, war dank des Schlachtenlärms am Golf nur eine Kurzmeldung wert — die NATO steht als Armada des Guten heute weniger in Frage denn je. Und die Bundeswehr, ohne den bösen Iwan überflüssig wie ein Kropf, hat nach dem Wüstenkrieg plötzlich wieder Land in Sicht: eine neue Identität im Rahmen der FIFA, oder war's die UNESCO — ist ja wurscht, jedenfalls soll international künftig mitgekickt und geballert werden. Der Militarismus feiert fröhliche Urständ', und die propagandistische Ausschlachtung des Golfkriegs macht's möglich, daß dieser Rückschritt als „weltpolitische Verantwortung“ verkauft werden kann.

1988 waren es 600 Milliarden Dollar, die den Völkern der Welt für Waffen und Militär abgepreßt wurden — die mit Ende des Kalten Kriegs drohende Gefahr, daß dieser Irrsinn reduziert werden könnte, ist mit dem „erfolgreichen“ Ende des Golfkriegs gebannt. Wenn jetzt die kapitalstarken Deutschen (und auch die Japaner) gründlich einsteigen ins weltpolitische Verantwortungsgeschäft — schon hat die Altlast Stoltenberg Großraumflugzeuge zwecks Lastentransports angemahnt — werden die Rüstungskassen erst richtig klingeln. Wohin auch mit dem ganzen Präzisionsgerät, den Tornados, Leos und ihren Splitterbomben, wenn man es nicht mehr exportieren darf? Saddam sei Dank aber dürfen die Waffenkonzerne (und die Betriebsräte von IG Metall bis Chemie) aufatmen. Die schlechte Presse, die man als „Exporteure des Todes“ ein paar Wochen lang hinnehmen mußt, ist leicht zu verkraften: Die Aufrüstung der Bundeswehr zur globalen Eingreiftruppe ist die beste aller denkbaren Exportlizenzen.

Über die Zusage dieser Lizenz besteht an der Front der Meinungsbildung eine breite Koalition, sie reicht von altgedienten CDU-Rittern über die Oberleutnant-Garde der SPD bis zu einigen Grünen Khmer in der Öko-Partei. Sie alle fühlen sich getragen von „weltpolitischer Verantwortung“ und natürlich bestem Gewissen: Ein zusammenwachsender Planet braucht eine globale Polizei. Eine durchaus hehre Perspektive, nur welche Instanz diese Eingreiftruppe befehligen, welches Organ die weltmilitärpolitische Verantwortung wahrnehmen soll, darüber schweigen sich die schwarzbraunen bis olivgrünen Feldherren in spe aus. Und unterschlagen, daß die UNO in ihrer derzeitigen Form nach wie vor nur als Quassellbude, nicht aber als planetarische Regierungszentrale taugt. Von einem globalen Föderalismus, in dem die Länder ihre nationalen militärischen Rechte an eine übergeordnete Instanz abgegeben haben, kann keine Rede sein. Dies aber wäre die unabdingbare Voraussetzung für jede „neue Weltordnung“ (George Bush). Solange die nicht gegeben ist, solange jeder Staat Waffen produzieren und verkaufen kann und Heere aufstellen, wie es nationalen Interessen gerade paßt, solange kann in „Planet Earth City“ nur die Regel „Pack schlägt sich, Pack verträgt sich“ herrschen, nicht aber ein gerechter Weltsheriff.

Nun gebe ich gerne zu, daß mir das amerikanische-europäische Pack um einige Längen sympathischer ist alle anderen schwerbewaffneten Banden — aber es ist und bleibt doch Pack, ohne dessen Hilfe und Zutun kein Hussein der Welt jemals auch nur einen Feuerwerkskörper gezündet bekommt. Nicht eine gerechte Weltordnung, sondern nationale Geschäftsinteressen leiten das Handeln und die Auslegung des Völkerrechts. So war es bei der Schaffung des Mittleren Ostens durch die Weltmächte England und Frankreich und so ist es beim Golfkrieg der Weltmacht USA — auch wenn viele vom Helfersyndrom befallene Deutsche immer noch so tun, als hätte Saddam nicht Kuwait, sondern Israel militärisch besetzt und das Öl-Scheichtum mit terroristischen Aktionen (39 Bomben) bedroht. Diese Macke, hilflose Opfer zu sehen, wo es sich durchaus um wehrhafte Wesen handelt, hat in den letzten Wochen zu einer Woge von Kriegsbefürwortung geführt, selbst in Köpfen, denen man bis dato noch halbwegs Verstand zugetraut hätte. Daß nach dem Bombentaumel mit dem Kater der Ernüchterung auch das Denken wieder Einzug hält, steht zu hoffen. Dann könnte statt des allfälligen Gefasels von „weltpolitischer Verantwortung“ davon gesprochen werden, was eine solche Verantwortung wirklich bedeutet: nicht die Umstrukturierung, sondern die Auflösung der Bundeswehr. Nicht Aufrüstung zwecks internationaler Mobilmachung, sondern die Fidschisierung nationaler Waffenproduktion und Armeen. So lange die ekelerrendenge Suppe nationalen Militärwahns nicht auf einen schlagkräftigen UNO-Maggiwürfel eingedampft ist, solange dient jeder deutsche Beitrag zu nichts anderem, als alle paar Jahre eine neue Generation Militärgerät an den Mann zu bringen — indem man einen alten Stammkunden über den Haufen schießt.

...PACKVERTRÄGTSICH:DEREINSTIEGINSWELTPOLITISCHEVERANTWORTUNGSGESCH ÄFT