Warum Gauck schweigt

■ Stasi-Archivleiter verweist auf Rechtsgrundlage

Berlin (taz) — Hat der Bundesinnenminister in seinem Abschlußbericht über die Stasi-Verwicklung des CDU-Stellvertreters de Maizière wesentliche Tatbestände, die die Sonderbehörde aus dem Aktenbestand ermittelt hat, abgeschwächt oder unterschlagen? Diesen Vorwurf hatte der Mitarbeiter des Sonderbeauftragten Gauck, der Historiker Dr. Stefan Wolle, erhoben und gleichzeitig bemängelt, daß Gauck dazu geschwiegen hat. Dr. Wolle ist wegen seiner Indiskretion fristlos entlassen worden (vgl. Interview taz v. 6.3.), Gauck selbst sah sich am Dienstag abend nach einem Vortrag bei der Ehlers- Akademie in Berlin mit der Frage konfrontiert, warum er die „Zivilcourage“ des Historikers dienstrechtlich geahndet hat.

Gauck verwies strikt auf die Rechtslage: Wer die Vorschriften zur Verschwiegenheit nicht anerkennen könne, müsse außerhalb des Archivs arbeiten. Den Motiven des fristlos entlassenen Historikers des Archivs hingegen kann Gauck Verständnis abgewinnen. Gewunden deutete er an, daß der Bericht des Sonderbeauftragten sich tatsächlich von dem Papier, mit dem das Innenministerium (BMI) die Öffentlichkeit informiert und die Rehabilitierung de Maizières vorbereitet habe, unterscheidet: „Es ist so, daß es natürlich ein Unterschied ist, ob man ... meinen Bericht liest oder ob man hört, was gesagt wird. Worin der Unterschied besteht, darf ich nicht sagen.“ Es sei aber nicht seine Aufgabe, so Gauck, die Öffentlichkeitsarbeit des Innenministers oder die Personalpolitik einer „großen deutschen Partei“ zu kommentieren.

Gauck hofft, daß das „Korsett“, mit dem der Einigungsvertrag seine Behörde einschränkt, durch Regelungen ersetzt wird, die den Bürgern der ehemaligen DDR die Auseinandersetzung mit ihrer Vergangenheit ermöglichen. K.W.