Missing Foundation

■ Die Rhetorik von Pop und Unterhaltung

Industrial, Electro-Collagen, Stahlgewitter: ein Jahrzehnt lang haben vom modernen Leben Enttäuschte daran herumgewerkelt und gebastelt, um aus melodischen Strukturen das konforme Bekenntnis zur Rhetorik von Pop und Unterhaltung herauszutrennen und Lärm als Klangquelle für eine kleine enthusiastische Schar von Hörenden übrigzulassen. »Noise — The Political Economy of Music« verschärft in der Parole den Konflikt und legt das Credo der Missing Foundation aus New York offen.

Dort sind sie vor zwei Jahren mit Auftrittsverbot in allen einschlägigen Clubs belegt worden. Feuer legen sie auf der Bühne, herrschen wollen sie über die Konzert-Isolation, jedEr soll auf die Bühen stürmen können und mitmachen. Die Botschaft ist diffus und militant. »This is Art«, urteilt die Zeitschrift »Maximum Rock'n‘Roll« über den Terror für die Masse.

Es gibt keine klare Trennung zwischen Auftritt und der Welt da draußen. Das zeigen die Konzertveranstaltungen von Missing Foundation, wenn FBI- und Zivilbeamte beständig dort anwesend sind, um die Lage zu kontrollieren. Das musikalische Inferno, selbstzerstörerisch vorgeführt, will als Agitation und Aufruf zum Ungehorsam verstanden werden. Selbstzerstörung ist in der Tat das einzige noch verbleibende Risiko für das auf Therapie hinarbeitende Kapitalsystem. Dann wird vom Staat gehandelt. Er provoziert die Provokateure, der Bogen der Bandbeschimpfung führt seltsam logisch von »Faschisten« bis zu »Nigger«.

Doch was immer für Barrieren auf den Konzerten brechen, in Vinyl festgehalten, ergeben sich reichhaltige Assoziationen in der Musikkritikerschaft: Frühe Throbbing Gristle mit der Härte der Noise-Rocker von Killdozer, P.I.L. in Apathie, Neubauten und G.G.Allin — die Palette ist selten so wenig bunt gewesen. Die Eigencharakteristik, »unzivilisiert« zu sein, legt den Happening- Status früher Yippie-Szenarios oder von AAO-Aktionen nahe: nicht Anti-Psychiatrie, aber Anti-Politix, »Vernichten vernichten«, wie Rainald Goetz das einmal nannte. Harald Fricke

Um 22 Uhr im Ex