Frauennetzwerk für Akademikerinnen

■ Fortbildungssemester für »abgewickelte« Wissenschaftlerinnen an der Humboldt-Universität initiiert

Mitte. Der Personalabbau und die Umstrukturierung wissenschaftlicher Einrichtungen wird vor allem Frauen treffen. Die in den Warteschleifen der Universitäten und Institute sitzenden Akademikerinnen können sich zum Teil zwar für die zusammengekürzten Stellen neu bewerben, aber sie werden kaum die gleichen Chancen wie ihre männlichen Kollegen haben. Oft haben sie weniger Publikationen oder geringere akademische Grade vorzuweisen. Schon jetzt sind die Arbeitsämter damit überfordert, ihnen adäquate Angebote zu machen.

»Diese schulen Wissenschaftlerinnen irgendwie wild um, ohne ihre schon vorhandene Qualifikationen zu beachten«, sagt die »abgewickelte« Gleichstellungsbeautragte der Humboldt-Universität, Gisela Petruschka. Um dem etwas entgegenzusetzen, rief sie ein Frauennetzwerk zur Fortbildung arbeitsloser Akademikerinnen ins Leben. Ziel des Projektes ist es, die Frauen mit aktuellen Entwicklungsrichtungen ihres Faches vertraut zu machen und dabei auf ihr vorhandenes Wissen aufzubauen. Die Gefahr, durch Arbeitslosigkeit den Anschluß an den Wissenschaftsstand zu verlieren und dadurch eine noch geringere Chance zum Neueinstieg zu haben, sei groß, meint Gisela Petruschka.

Auch an ihrer Universität deutet sich das Herausdrängen der Frauen aus dem Wissenschaftsbetrieb an. Ende 89 machten Frauen noch 48 Prozent aller Mitarbeiter der Uni aus. Inzwischen ist ihr Anteil schon auf 41 Prozent gesunken. Je höher der akademische Grad jedoch ist, um so weniger Wissenschaftlerinnen findet man. In den fünf abgewickelten Bereichen gab es immerhin zwei Frauen auf den Dekanstühlen. Unter den von CDU-Wissenschaftssenator Manfred Erhardt eingesetzten Gründungsdekanen findet man dagegen keine Frau mehr.

In dem ersten Kurs, der nächste Woche beginnt, werden Geisteswissenschaftlerinnen geschult. Im nächsten sollen es Agrarwissenschaftlerinnen sein. Neben Computer- und Sprachausbildung, sind psychosoziale Fragen ein wesentliches Element der Weiterbildung. Bewerbungs- und Verhaltenstraining soll den Frauen das nötige Rüstzeug geben, um sich künftig auf dem Arbeitsmarkt behaupten zu können. Unter den 30 Teilnehmerinnen sind Frauen jeden Alters, von der Absolventin bis zur 50jährigen Dozentin. Sie kommen unter anderem von der Akademie der Wissenschaften, der Hochschule für Ökonomie und der Humboldt-Uni. Darunter ist keine Frau, die beim Arbeitsamt gemeldet ist, da dieses die Fortbildung nicht als Arbeitsförderungsmaßnahme anerkennt und keine Arbeitslosenunterstützung zahlt. Der Grund dafür ist, daß Wissenschaftler nicht arbeitsmarktfähig seien, hier müsse abgebaut werden.

Das Programm für das Fortbildungsprojekt wurde zusammen mit TU, FU und anderen westdeutschen Universitäten erarbeitet. Schon kurz vor der Vereinigung reichte Gisela Petruschka, die Situation vorausahnend, das Konzept beim Ostberliner Magistrat ein. Aus dem damaligen DDR-Frauenministerium erhielten sie dafür eine Anschubfinanzierung von 220.000 Mark. Die werden nicht reichen, schätzt Petruschka, da das Programm nach dem ersten Kurs überarbeitet und ausgebaut werden muß. anbau