„Zuviele verdienen an diesem Geschäft“

■ Allein nach Pakistan wurden 500.000 Frauen verkauft, schätzen Menschenrechtsorganisationen

Islamabad (dpa) — „Frauen sind in Pakistan billig. Von 500 Mark an aufwärts, je nach Verwendungszweck. Und niemand tut etwas dagegen.“ Verbittert sagt das der Mitarbeiter einer pakistanischen Menschenrechtsorganisation, die seit Jahren gegen den florierenden Mädchenhandel in Pakistan und ganz Südasien kämpft. Sklavinnenhandel wäre das bessere Wort, denn die jungen Mädchen und Frauen, um die es geht, sind recht- und schutzlos und auf Gedeih und Verderb den Käufern ausgeliefert.

Die jungen Mädchen und Frauen stammen aus Bangladesh, Birma und Indien. Um der Armut und dem Elend in ihrer Heimat zu entrinnen, haben sie sich von geschäftstüchtigen Agenten für angeblich gutbezahlte Arbeitsplätze in Pakistan anwerben lassen. Sie werden dann ohne gültige Papiere über die Grenze geschmuggelt und sind damit völlig von den Vermittlern abhängig. Wenn sie entdeckt werden, drohen ihnen langjährige Gefängnisstrafen wegen illegaler Einwanderung und dann Abschiebung in die Heimat. In Pakistan im Gefängnis zu sitzen, ist die Hölle, vor allem für Frauen, sagt Zia Awan, Vorsitzender einer Rechtshilfeorganisation pakistanischer Rechtsanwälte.

So fügen sich die meisten und lassen sich „weitervermitteln“. In der Praxis heißt dies, sie werden weiterverkauft als billige und meist schlecht behandelte Dienstboten, als Arbeiterinnen, die in Fabriken in und um Karatschi für ein Drittel des normalen Lohnes arbeiten müssen, und als Prostituierte. Die Polizei, erklärt Zia Awan, drücke beide Augen zu und sei nicht selten am Geschäft beteiligt. Neben die Ausbeutung als Arbeitskraft tritt auch meist die sexuelle Ausbeutung der Frauen.

Eine private Hilfsorganisation, der Ansar Burney Welfare Trust, schätzt, daß es allein in Pakistan rund eine halbe Million solcher modernen Sklavinnen gebe. Für Indien, das ähnliche Probleme hat, rechnet er mit noch höheren Zahlen. Darüber, wieviele junge Frauen und Mädchen weiter in arabische Staaten und nach Iran verkauft wurden, gibt es überhaupt keinen Überblick.

Die Regierungen in Südasien haben bisher so gut wie nichts gegen den Mädchenhandel getan. Während ihrer kurzen Regierungszeit hat die pakistanische Ministerpräsidentin Benazir Bhutto versucht, wenigstens etwas Licht in das Dunkel zu bringen. Sie setzte eine Kommission von Rechtsanwältinnen ein, die aber nach dem Sturz von Frau Bhutto sofort wieder aufgelöst wurde. Ein Ergebnis hat die Arbeit der Kommission immerhin gehabt. Auf ihr Drängen veranstaltete das Asiatische Kulturforum ein internationales Seminar über den Mädchenhandel, an dem Vertreter von Menschenrechtsorganisationen aus Pakistan, Indien, Bangladesh, Nepal, Philippinen, Thailand, Malaysia und Sri Lanka teilnahmen. Ein Delegierter faßte die Situation so zusammen: „Sie (die Regierungen) wollen das Problem nicht sehen. Sie müßten dann ja zugeben, daß der angebliche soziale Fortschritt, den sie erzielt haben wollen, gar nicht existiert.“ Ansar Burney, der unter Frau Bhutto Justizminister war, ergänzt: „Ich muß sagen, der politische Wille, den Mädchenhandel zu bekämpfen, existiert in Südasien nicht. Es gibt zuviele, die in der einen oder anderen Form daran verdienen.“ Imtiaz Gul