Wettrennen der Autokonzerne um Ostmarkt

Nachfrage soll sich verdoppeln/ VW investiert 12 Milliarden und konnte damit Renault und General Motors ausstechen/ Fiat gibt Polen Vorrang und wird dort das Modell „Micro“ produzieren lassen/ Japaner zeigen wenig Interesse  ■ Von Jean Burner

Wien. Die westlichen Automobilkonzerne wetteifern derzeit um die Eroberung des osteuropäischen Marktes. Beim Kampf um rund 420 Millionen potentielle Autokonsumenten lassen Volkswagen und Fiat derzeit ihre Konkurrenten aus Europa und den USA weit hinter sich. Die japanischen Konzerne zeigen dagegen zunächst wenig Interesse am europäischen Osten, wo sich nach Berechnungen von Experten die Nachfrage nach Personenwagen im nächsten Jahrzehnt verdoppeln wird.

Gegenwärtig besitzt nur etwa jeder zehnte Verbraucher in der Sowjetunion, der CSFR, Polen, Ungarn, Rumänien oder Bulgarien einen Wagen. In Westeuropa dagegen, wo rund jeder dritte Konsument auch Wagenbesitzer ist, gilt der PKW- Markt als nahezu gesättigt. Die Volkswagen-Gruppe erreichte in den letzten Wochen bereits ein Etappenziel: Zunächst stieg die Nummer Eins der europäischen Automobilbranche beim osteuropäischen Pendant, dem tschechischen Unternehmen Skoda, ein. Dann wurde VW auch noch mit den slowakischen Automobilfabriken (BAZ) in Bratislava (Preßburg) handelseinig. Beide Werke gelten als „Brückenkopf“ für die Eroberung des osteuropäischen Marktes. Der Preis dafür war ein Versprechen aus Wolfsburg, bis zum Jahr 2000 insgesamt 11,5 bis 12,5Milliarden Mark in die beiden Unternehmen zu investieren. Damit waren die Konkurrenten Renault und General Motors ausgestochen. Der US-amerikanische Autoriese wollte für die Produktion von Getrieben für seine deutsche Tochter Opel lediglich rund 600 Millionen investieren.

Fiat, die Nummer Zwei in Europa, hat sich auf Polen konzentriert. Gerade wurde ein Vorvertrag mit Warschau abgeschlossen, mit dem die Fahrzeugfabriken FSM und FSO modernisieren werden sollen. Vier Milliarden Mark wollen Fiat, Warschau und eine „International Finance Group“ dazu in die Unternehmen stecken. Damit werden unter anderem Produktionskapazitäten für das neue Fiat-Modell Micro geschaffen. Bis 1993 sollen pro Jahr 240.000 Micros in Bielsko Biala vom Band rollen. Die US-Autoriesen GM und Ford hatten in Osteuropa dagegen eine weniger glückliche Hand. GM scheiterte in den Verhandlungen mit Skoda und BAZ, verband sich jedoch mit dem ungarischen Lastwagenunternehmen Raa. Dort sollen jährlich 200.000 Motore für Opel produziert werden und 15.000 Kadetts zusammengebaut werden. Ford ist dagegen nur mit verminderter Energie ins Rennen gegangen, 80 Millionen Dollar wurden in Ungarn investiert. Aus Detroit heißt es dazu: Wirtschaftliche Risiken wie Rezession, niedriges Lebensniveau, schlechtes Management und unzureichende Infrastruktur hielten sich die Waage mit den Pluspunkten des potentiell ertragreichen Marktes und billigen Arbeitskräften.

Von den Japanern hat sich bisher lediglich Suzuki mit 140 Millionen in Osteuropa engagiert, wo ab Mitte 1992 15.000 Fahrzeuge im Jahr montiert werden sollen. afp