Scherzkeks Antityp

■ Stefan Stoppok im Modernes / Erdiges für die Fans

Kein Klischee in der Rockmusik ist so überstrapaziert wie das des Rockmusikers, der in kein Klischee paßt. Stefan Stoppok aus Essen z.B. baut darauf, quer zu den Kunzes, Grönemeyers und Westernhagens zu liegen, auch wenn er sein Projekt vielleicht in Anlehnung an den letzteren schlicht „Stoppok“ nennt. „Ich habe wieder mal den letzten Trend verpennt“ singt er programmatisch, und sein um eine altertümliche rostbraune Smokinghose zentriertes Outfit bekräftigt diese Aussage aufs Energischste. Zum Alles-egal-Image paßt auch, daß seine Bühnenshow keine ist, er sie mit netten Spontangags so lange zerfasert, bis das Publikum genervt reagiert, und dann feststellt, daß „jetzt irgendwie die Dynamik raus ist, aber da kann ich echt nichts gegen tun“.

Ein Scherzkeks also, der Stoppok, mit dem Underdog-Flair des Mitdreißiger-Freaks, der sich beständig an den Kanten des Alltags blaue Flecken holt — sozusagen auf der Strecke zwischen morgendlichem Brummschädel und nächtlichem Thekenbiß.

Alles Show, natürlich, dieses leicht Kaputte. In Wahrheit ist Stefan Stoppok ein schlauer Spitzbube, der bei aller Derbheit seiner (guten!) Texte eine ironische Distanz zu seinem etwas rauh sortierten Publikum hält.

Stoppoks Musik ist schnell beschrieben: Eine harte, gerade und recht erdige Mischung aus stark vom amerikanischen Southern Rock beeinflußten Losgehnummern und etwas verhalteneren Rhythm & Blues-Stücken. Sein stärkstes Plus ist sicher seine rauhe, gepreßte Stimme, mit der er technisch gekonnt umgehen kann. Auch läßt er sich nicht nehmen, bei fast jedem Stück die Sologitarre zu spielen — die Wirkung war leidlich. Die Band spielte solide, ohne herausragende Akzente zu setzen oder besonders motiviert zu wirken.

Die schnörkellosen Lieder erzielten indes schnell Wirkung im Saal. Die Zahl der Mit-Sänger war erheblich; bei seiner noch recht kleinen Fan-Gemeinde scheint der Anti-Typ aus Essen tatsächlich eine Art Kultstatus zu genießen. Rainer Köster