HBV-Chef auch für Entschädigung

■ Änderung des Einigungsvertrages sei Schlüsselvoraussetzung für Wirtschaftsaufbau in den neuen Ländern/ Sonst wären Juristen jahrelang mit Vermögensfragen beschäftigt

Berlin. Auch die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) fordert eine Änderung des Einigungsvertrages zugunsten des Prinzips »Entschädigung statt Rückgabe«. Der Vorsitzende der Gewerkschaft, Lorenz Schwegler, erklärte gestern in Berlin, die Änderung des Einigungsvertrages in der Eigentumsfrage und eine gegebenenfalls dazu notwendige Grundgesetzänderung sei eine Schlüsselvoraussetzung. Neue wirtschaftliche Strukturen könnten in Ostdeutschland sonst nicht aufgebaut und auch nicht gesichert werden.

»Wer vor Jahren ohne aktuellen Problemdruck Verfassungsänderungen für den Fall des politischen Notstandes durchgesetzt hat, der sollte heute angesichts der bedrückenden Problematik im Osten und um der dort lebenden und arbeitenden Menschen willen die Kraft finden — wenn es anders nicht geht — dem wirtschaftlichen Notstand auch mit darauf bezogenen und dadurch begrenzten Verfassungsmodifikationen zu begegnen«, betonte Schwegler. Als weiteren Eckpunkt eines von seiner Organisation geforderten Wirtschafts-Notstandsprogrammes forderte der Gewerkschaftschef, das die komplizierten Genehmigungsverfahren drastisch vereinfacht werden müßten.

Sollte der Einigungsvertrag in der Eigentumsfrage nicht geändert werden, würden sich Heerscharen von Juristen noch monate- und jahrelang mit der Klärung offener Vermögensfragen beschäftigen. Gleichzeitig werde dadurch der Aufbau neuer Industrie- und Dienstleistungsstrukturen gelähmt, erklärte der Vorsitzende weiter. »Das wirtschaftliche Überleben der fünf neuen Länder muß den Vorrang vor biblischer Gerechtigkeit erhalten.« Die Herstellung der sozialen Einheit müsse zur Sache von Arbeit und Wirtschaft werden und dürfe nicht einem »hochgiftigen Gemisch aus komplizierten Rechtsfragen, unverständlichen Verwaltungsverfahren, geschäftstüchtigen West-Anwälten, unvorbereiteten Verwaltungsbehörden und volkswirtschaftlich gleichgültigen Einzelinteressen zum Opfer fallen«, betonte Schwegler. taz/dpa