Baker-Treffen mit Palästinensern?

 ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Wenn US-Außenminister James Baker heute in Israel eintrifft, wird die von Präsident Bush in seiner Rede vor dem Kongreß angemahnte Suche nach einer Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts im Zentrum der Gespräche stehen. Während die Regierung Schamir sich nicht gewillt zeigt, auf Bushs „Land- für-Frieden“-Formel einzugehen, begrüßte PLO-Chef Yassir Arafat die Initiative der US-Regierung, die die UN-Resolutionen 242 und 338 aufgreift. In einem Interview des französischen Fernsehens erklärte Arafat, die Vorstellungen von US- Präsident Bush seien „identisch mit denen der PLO“.

Noch unklar hingegen ist, ob eine palästinensische Delegation aus Ost- Jerusalem und den besetzten Gebieten mit dem US-Außenminister während seines Israel-Besuchs zusammentreffen wird. Nachdem Baker sein Interesse an einem solchen Treffen in Jerusalem geäußert hatte, wollte sich eine Delegation unter Leitung des Ost-Jerusalemer Palästinenserführers Feisal Husseini am Mittwoch mit Baker treffen, machte dies jedoch abhängig von der Zustimmung der PLO-Führung in Tunis. Zwar teilte Yassir Abed Rabbo, Mitglied des PLO-Exekutivkomitees, gestern in Amman mit, die PLO hätte den Palästinenserführern in Ost-Jerusalem „grünes Licht“ für das Treffen mit Baker gegeben. Bis Redaktionsschluß gab es jedoch noch keine definitive Bestätigung von der PLO-Zentrale in Tunis. Die von Nadschif Hawatmeh geführte Demokratische Front für die Befreiung Palästinas (DFLP), eine der drei wichtigsten Gruppierungen in der PLO, rief am Sonntag „das palästinensische Volk und die Notablen in den besetzten Gebieten“ zum Boykott des Treffens auf.

Schon heute wird der US-Außenminister mit seinem israelischen Amtskollegen Levy und am Dienstag mit Premierminister Schamir sowie den Führern der Arbeiterpartei, Schimon Peres und Jizhak Rabin, zusammenkommen. Halboffiziellen israelischen Quellen zufolge wird die Regierung Schamir in den Gesprächen mit Baker „Beweglichkeit“ demonstrieren wollen, indem sie sich zu Verhandlungen mit einer jordanisch-palästinensischen Delegation über längerfristige Interimsregelungen in den besetzten Gebieten unter israelischer Kontrolle bereit erklärt. Dies würde an die Stelle der bisherigen israelischen Position treten, und zwar die ersetzen, die zunächst Wahlen für lokale Selbstverwaltungsgremien in den besetzten Gebieten vorsah.

Gegenüber dem kanadischen Außenminister Joe Clark erklärte Premierminister Schamir bei dessen Israel-Besuch am Freitag, er sähe „keine Schwierigkeiten“ mit König Hussein von Jordanien über die Palästinenser-Frage zu verhandeln. PLO-Vertreter seien dabei ausgeschlossen, aber die Palästinenser könnten andere Vertreter für die Gespräche mit Israel benennen. Syrien und Saudi-Arabien forderte Schamir zu direkten Friedensverhandlungen mit Israel auf. Unterdessen verlangte der EG-Ratspräsident Jaques Poos von der Regierung Schamir eine grundsätzliche Erklärung, daß Israel zur Rückgabe der besetzten Gebiete gemäß den UN-Resolutionen bereit ist.

Generalstreik für die PLO in besetzten Gebieten

Jerusalem (afp) — Am Samstag sind die Palästinenser in den von Israel besetzten Gebieten in einen Generalstreik getreten, um ihre Unterstützung für die PLO zu demonstrieren. Sie folgten einem Aufruf der Vereinigten Intifada-Führung, die damit gegen die „Umgehung“ der PLO bei eventuellen israelisch-palästinensischen Verhandlungen mobilisieren wollte, wie sie in einem Kommunique mitteilte.

Im von Israel besetzten Gazastreifen wurden unterdessen am Samstag nach palästinensischen Angaben 80 Bewohner des Flüchtlingslagers Rafah durch Schüsse israelischer Soldaten verletzt. Auch in weiteren Orten des Gazastreifens sei es zu Zusammenstößen gekommen, bei denen insgesamt weitere 15 Palästinenser verletzt worden seien.