Atom-Endlager im zweiten Anlauf

2.000 demonstrierten gegen eine Lex Morsleben / Töpfer will seine Müllkippe retten  ■ Aus Morsleben Jürgen Voges

Nur einige hundert Meter lang war der Demonstrationszug, der am Samstagnachmittag von Helmstedt zum Endlager Morsleben zog. Lediglich etwa 2.000 AtomkraftgegnerInnen haben für die endgültige Stillegung von Europas größtem Atommüllendlager demonstriert. Die Demo wäre wohl größer geworden, hätte das Bezirksgericht Magdeburg nicht vor zwei Wochen das Endlager vorläufig stillgelegt. Doch Bundesumweltminister Klaus Töpfer hat seine einzige betriebsbereite Atommüllkippe noch längst nicht abgeschrieben.

Ganz unabhängig von der Entscheidung des Magdeburger Gerichtes habe nun auch er selbst die Einlagerung von Atommüll in Morsleben ausgesetzt, behauptete Töpfer am Freitag und kündigte dann gleichzeitig ein Spezialgesetz für das Endlager an: Der Bundesumweltminister will in den Bundestag „eine klarstellende gesetzliche Regelung“ einbringen mit dem Ziel, „den Übergang der Betriebsgenehmigung für Morsleben auf das Bundesamt für Strahlenschutz sicherzustellen“.

Töpfer sprach lediglich von „einer Rechstunsicherheit mit Blick auf den Übergang der Betriebsgenehmigung“. Die Braunschweiger Rechtsanwältin Claudia Fittkow, die für eine Klägergruppe die endgültig Stillegung beantragt hat, bezeichnete dies als Beispiel für „kriminelle Machenschaften in der Atomwirtschaft“. Schon seit dem ersten Juli, so die Rechtsanwältin auf der Kundgebung, habe das Endlager keine Betriebsgenehmigung mehr. An diesem Tag trat in der damaligen DDR nicht nur das bundesdeutsche Atomgesetzt in Kraft, das den privaten Betrieb von Endlagern verbietet. Zudem fehlte im Umweltrahmengesetz der DDR eine Regelung, um mit der Vereinigung die Betriebgenehmigung auf das Bundesamt für Strahlenschutz zu übertragen.

Rechstanwältin Fittkow konnte aus Stellungnahmen an das Bezirksgericht Magdeburg zitieren, in denen der Bundesumweltminister zugibt: „Die Formulierungen des Umweltrahmengesetzes waren mißlungen. Im Zuge des Einigungsprozeßes bestand besonderer Zeitdruck, der es nicht gestattete die Übertragung der Genehmigung zu regeln.“ Nun nehme der Bundesumweltminister mit dem angekündigten Morsleben- Gesetz neuen Anlauf, um an eine Morslebengenehmigung zu kommen, sagte die Rechtsanwältin. Claudia Fittkow sah zwar noch Chancen dafür, daß das Bezirksgericht Magdeburg vor einer entsprechenden Änderung des Atomgesetzes das Endlager endgültig stillegt. Notfalls müsse man über die Sicherheit des Endlagers streiten. In jedem Falle, so die Rechstanwältin, benötige die Klägergruppe die Unterstützung durch Gutachter.