90fach frisch und froh gestrichen

■ Megastark besetzt: Das LJO-Jubiläumskonzert

Gut 800 Zuhörer kamen am vergangenen Montagabend in die „Glocke“, um ein wahres Mammutkonzert des Bremer Landesjugendorchesters zu hören. Es ist ein seltenes Erlebnis, eine Jubiläumsbesetzung von 90 Streichern auf einmal zu hören. Bereits in der einleitenden, mit viel Biß musizierten „Ouvertüre“ von Gordon Jacobs spielte das Orchester scheinbar mühelos zusammen (Sonderlob den etwa zwanzig Celli!). Das ist kaum zu glauben, auch wenn man immer berücksichtigt, daß sich in einer solchen Masse doch einige Wackeleien „zusammenschieben“.

Es folgte Ralph Vaughan-Williams „Concerto grosso“. Köster machte damit auf einen großen britischen Komponisten aufmerksam, der hier so gut wie nie aufgeführt wird. Schade war allerdings, daß nur fünf Kontrabässe aufgeboten waren — vor allem die wuchtige Intrada hätte mehr Baßfundament vertragen.

In „Alltagsbesetzung“ mit 27 Musikern erklangen dann drei Humoresken für Violine und Streicher von Jean Sibelius. Der Solist Martin Dehning gewann den Miniaturen ein Maximum an Farbigkeit ab. Die für Solist wie Begleitung besonders schwierige erste Humoreske litt leider etwas unter Nervosität. Die innere Neueinstellung der MusikerInnen auf die kleine Besetzung ist gerade bei diesem Stück nur schwer zu bewältigen.

Seine Meisterleistung erbrachte das kleine Orchester mit der Interpretation der fünf Stücke op.44 von Hindemith (höchste rhythmische Präzision unter Wahrung der Intonation und Klangfarbigkeit). Auch Barbers Adagio, wieder von der großen Besetzung gespielt, geriet insgesamt klangschön, wenn auch nicht ganz so intensiv. Der berstende Höhepunkt des Satzes war zu flach und nahm den großen Steigerungen das Ziel.

Unbestrittene Glanzleistung des Orchesters war jedoch die Interpretation der Streicherserenade von Tschaikowski, die unter Kösters Händen zur ausgewachsenen Sinfonie wurde. Die Klangschönheit, das dichte Legatospiel und spannungsvollen großen Bögen, vor allem aber die Hingabe von Dirigent und Orchester haben mich während des ganzen Abends tief beeindruckt. Was hier an Zeit und vor allem Liebe investiert wurde, können sich Berufsorchester leider kaum leisten.

Das Orchester verabschiedete sich mit Griegs „Letztem Frühling“ und dem brillanten „Two step“ aus Aaron Coplands „Rodeo“. Die Zuhörer bedankten sich mit tosendem Applaus. Gunnar Cohrs