Integrationshilfe — Feuerwehr für KTH-Misere

■ Fachtagung im Bürgerhaus Vahr / Erfahrungsbericht und Kritik der HelferInnen des Bremer Programms

Rund 100 IntegrationshelferInnen (ITH) betreuen in Bremen derzeit 125 Kinder. Ihr Auftrag: „Hilfen für Kinder mit besonderen Problemen im Kindergarten“. Wenn ein Kind durch Hyperaktivität, starke Aggressionen oder offensichtliche Entwicklungsverzögerungen auffällt, beantragen der Kindergarten (in 90 Prozent der Fälle) oder die Eltern beim Amt für soziale Dienste eine Integrationskraft. Nach Begutachtung des Kindes durch Gesundheitsamt und eventuell weitere Spezialisten wird in der Regel für ein Kindergartenjahr eine Integrationshelferin bewilligt. Sie kommt zwischen 12 und 17 Stunden pro Woche in die Hort- oder Kindergartengruppe, um das Kind individuell zu fördern, aber auch die gegenseitige Akzeptanz zwischen Kind, Gruppe und Erzieherinnen zu verbessern. So jedenfalls war das „Integrationshelferprogramm“ 1984 vom damaligen Jugendamt gedacht. Was in den vergangenen sieben Jahren in Bremen daraus geworden ist, bilanzieren WissenschaftlerInnen und IntegrationshelferInnen gestern und heute im Bürgerzentrum Vahr.

Das Resume der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) prangt als Transparent an der Rückwand des Saales: „Was Sozialdemokraten bei der Industrie kritisieren, sie selber bei Bedarf praktizieren: „Leiharbeit zur Förderung auffälliger Kinder — aber auch zur Anpassung an die unzureichende Ausstattung der städtischen Kindertagesheime“. Eine Kritik, die auch die Psychologin Annelie Windheuser gestern in ihrem Erfahrungsbericht teilte. Windheuser, ehemals Amt für soziale Dienste, arbeitet zur Zeit beim Träger des ITH-Programmes, dem Bremer DRK. 100 abgeschlossene Einsätze der Integrationsfeuerwehr hat sie ausgewertet und festgestellt: „Das Programm ist unnötig aufgebläht“. Denn: Die HelferInnen fungieren de facto als Zweitkräfte in den überlasteten KTH-Gruppen. Mit ihrer Hilfe wird Kleingruppenarbeit und ein differenzierteres Angebot möglich, eine Aufgabe, die der Kindergarten eigentlich regulär leisten müßte, wegen des unzureichenden Personalschlüssels aber nicht kann. Auffällig viele Hilfe-Anträge kommen laut Winheuser aus den „sozio-kulturell benachteiligten“ Stadtteilen Lussum und Osterholz-Tennever. Abhilfe sei hier aber nur durch festangestellte Zweitkräfte zu schaffen. Stattdessen werden, so die Kritik der GEW, befristet Honorarkräfte aus dem ITH-Topf „ausgeliehen“, meist arbeitslose PsychologInnen, SoziologInnen oder PädagogInnen, die den „Durchlauferhitzer“ (Wingheuser) sofort wieder verlassen, wenn sie eine feste Stelle bekommen.

Verfehlt ist nach Windheusers Meinung auch der Einsatz von IntegrationshelferInnen für die 25-30 Prozent „im engeren Sinne behinderter“ Kinder, die in einem Integrationskindergarten wegen des günstigeren Personalschlüssels und der qualifizierteren Betreuung besser aufgehoben wären.

Sozialsenatorin Sabine Uhl und DRK-Vorsitzende Roswitha Erlenwein betonten in ihren Begrüßungsansprachen die Bedeutung des Programms und die Notwendigkeit der Vernetzung aller an der Förderung Beteiligter. Heute streitet im Bürgerhaus Vahr von 13.30 Uhr eine ExpertInnenrunde über „Integrationshilfe — Notlösung oder Programm“. asp