SPD-Mitglieder im Osten gesucht

■ Auf einer Klausurtagung analysierte der Landesausschuß der SPD das katastrophale Wahlergebnis

Berlin. Die SPD ist zu einer echten Volkspartei geworden: sie hat in allen Wählerschichten bei der Wahl am 2. Dezember gleich viele bzw. wenige Stimmen erzielt. Zu diesem tiefschürfenden Ergebnis kam der Landesausschuß der Partei — eine Art kleiner Parteitag — auf einer Klausurtagung am Wochenende, auf der die Wahlniederlage analysiert werden sollte. Die Ergebnisse dieser Analyse stellten gestern der Landesvorsitzende der Berliner SPD, Walter Momper, und SPD-Geschäftsführer Reinhard Roß der Presse vor. Zur Erinnerung: Die SPD fuhr bei den Wahlen zum ersten Gesamtberliner Abgeordnetenhauses ihr schlechtestes Wahlergebnis in der Nachkriegsgeschichte ein, trotz Regierungsbonus. Von dieser Niederlage hat sie sich bis jetzt auch nicht in Ansätzen erholt und leidet zudem im Ostteil der Stadt an rapidem Mitgliederschwund. Von 3.000 Mitgliedern der im Dezember 1989 gegründeten SDP blieben nach neuesten Erkenntnissen nur rund 1.700 übrig. In ganz Berlin hat die SPD derzeit knapp 30.000 Mitglieder (zum Vergleich: PDS 50.000, CDU 24.000). Auf die Sprünge half der SPD der Soziologe Horst Schmollinger vom Statistischen Landesamt, der erläuterte, daß es keine statistisch relevante Beziehung mehr zwischen der SPD und ihrer Wählerschaft gebe. Die Bindung an traditionelle Wählerschichten sei der SPD vollständig verlorengegangen. Als Ursachen benannte der Landesausschuß die mangelnde Vermittlung von sozialdemokratischer Politik und die schlechte Koordination zwischen Senat, Fraktion und Partei während der Zeit der rot-grünen Koalition.

Als Konsequenz einigten sich Linke und Rechte im Landesausschuß darauf, eine Arbeitsgruppe zu bilden, die noch einmal das Wahlergebnis analysiert. Aufgrund der schwindenden Mitgliederzahlen wurde darüber hinaus beschlossen, eine Aktion zur Anwerbung von Mitgliedern zu starten. Im Mittelpunkt sollen Beratungsangebote in allen östlichen Stadtbezirken stehen, mit den Schwerpunkten Wohnen/Mieten sowie Arbeitslosigkeit. Gezielt angesprochen werden sollen vor allem Arbeiter, junge Menschen und Frauen.

Am kommenden Samstag kommt die Berliner SPD zu einem Landesparteitag zusammen, um ihre Delegierten für den Bundesparteitag im Mai zu bestimmen. Daneben will sie sich mit der wirtschaftlichen und sozialen Situation in den neuen Bundesländern einschließlich Berlins beschäftigen. Dazu liegt bereits ein Antrag des Landesausschusses vor, in dem ein Investitionsprogramm für die ostdeutschen Länder und ein Wirtschaftsförderungsgesetz gefordert wird.