Der tumbe Mörderrudi

■ „Gesucht wird Ricki Forster“, So./Mo., ZDF

Wollen Sie meine Theorie hören?“, fragt der mit der ethischen Absolution ausgerüstete Reporter die Schwester des ermordeten Psychovamps. „Ich wußte gar nicht, daß Sie eine haben“, antwortet die. Ich offengestanden auch nicht. Ich hatte den Eindruck, daß niemand an diesem „Psychokrimi“ Beteiligtes irgendeine Theorie hat, insbesondere keine über einen Kriminalfall.

Einen Kriminalfilm fürs Fernsehen zu drehen scheint schwieriger zu sein als tatsächlich jemanden umzubringen. Die Unsitte deutscher Fernsehregisseure besteht darin, über den Tatbestand eines Mordes hinaus alle Beteiligten panisch pedantisch platt zu plakatieren, so daß wir, mit einer Checkliste in der Hand, nickend von Szene zu Szene geleitet werden. Wie Reporter durch ein als Feriendorf getarntes Folterlager in Südamerika.

Die Szenerie ist so spannend aufgebaut wie eine dieser „authentisch“ gestellten Szenen in Aktenzeichen XY ungelöst. Wer sich die Locations anhand des Berliner Stadtplans ausgedacht hat, muß wohl besoffen gewesen sein. Anders läßt es sich nicht erklären, daß ein Rollstuhlfahrer vom Tiergarten zum Mehringdamm nur einige Minuten braucht.

Und dann dieser scheißliberale Pathos vom Mitgefühl des Mannes an der Vergewaltigung: „Bitte glauben Sie mir. Als Mann fühle ich mich irgendwie mitschuldig“. Herrgott! Da wie gerade beim Thema sind: Wenn die evangelische Kirche angesichts der böswilligen Karikatur dieses Sexpfarrers Schmidt nicht sprichwörtliche Barmherzigkeit gegenüber dem ZDF übt, so hat sie genügend Grund, die Sendezentrale in Mainz zu exkommunizieren.

„Die eigentliche Qualität des Stoffes“, heißt es in der Ankündigung, „liegt in der psychologischen Ausdeutung einer Täter-Opfer-Beziehung...“ Naja, die Ermordete war mit dem tumben Mörderrudi, einem raunenden Sexmaniac aus dem „Quelle“-Versandhauskatalog, in derselben Jugendgruppe und hat sich gerne geschminkt, bis ihr der Pfarrer nach einem Blick in ihren Ausschnitt den Sexkomplex eingeredet hat.

Das alles hat weder psychologische noch Genrequalitäten. Die durch ambitionierte Schwenks und Fahrten hertvortretende Kameraarbeit Michael Steinkes kann das unfreiwillige Kriminalkabarett nicht vor der Peinlichkeit bewahren. Manfred Riepe