Der eisgetanzte Freiheitskampf

■ Das französische Paar Duchesnay hat in sechs Wochen eine neue Kür einstudiert

München (taz) — Die Lieblinge aller Zuschauer sind die Eistänzer. Die Eistänzer, die Unerreichten, ewig Zweiten: die Duchesnays. Ohne Virus reiste das französische Geschwisterpaar aus Obersdorf an, mit einer Sensation in der Tasche. Sechs Wochen nach der Europameisterschaft präsentierten sie eine neue Kür. Denn die alte brachte in Sofia bloß EM-Platz zwei: Todesurteil für das Ergebnis sechs Monate langer harter Arbeit. „Wir brauchen das Publikum“, erklärt Choreograph Christopfer Dean den plötzlichen Sinneswandel. Dieses mal scheint den Duchesnays der Sieg wichtiger zu sein als ihr künstlerischer Anspruch.

Sie griffen auf bewährtes zurück: auf den Revolutionstanz von 1990, den getanzten Freiheitskampf der unterdrückten Völker. Missing II heißt das Stück und soll die choreographisch gänzlich neue Fortführung des Erstwerks sein: Beginnend mit der Schlußpose von Missing I wird die Traurigkeit über die Verfolgung und Unterdrückung erzählt, die Ängste vor der Zukunft und schließlich die Freude und Fröhlichkeit im Leben in der Freiheit.

Doch wo bleiben da die Duchesnays, die Sensiblen, die sich reinhorchen in ein Thema und es zu durchleben scheinen? „Die beiden sind inzwischen so routiniert, die schaffen das“, spendet Trainer Skotnicky zweifelhaften Trost. Bleibt uns nur, inbrünstig zu hoffen, daß Missing II und die Duchesnays nicht, wie so viele Zweitauflagen, zum Abklatsch werden. miß