Telefonbuch-Recycling

■ Auf geschnipselten Gelben Seiten fühlen sich Kühe wohl

Ronald Webbs Kühen geht es besser, seitdem ihr Stall mit einem schwarz-weiß-gelben Teppich ausgelegt ist. Denn die 130 Stück zählende Herde kaut nicht auf gewöhnlichem Heu und Stroh wieder, sondern auf sanft knisternder, papierner Unterlage. Die edle Streu besteht aus Tausenden von ausgedienten Telefonbüchern, die im Reißwolf zu Konfetti verarbeitet wurden. Sechs Tonnen Telefonbücher zerkleinert Bauer Webb jede Woche. Die Kühe und sein Portemonnaie danken's ihm. Nach fünf Monaten Versuchszeit, so eine Studie des „Instituts für Müll-Managment“ des Bundesstaates Maine, sind Webbs Kühe glücklicher denn je. Die Euterentzündungen sind zurückgegangen, und in der Milch schwimmen weniger Bakterien. Für den Milchbauer zahlt sich das gleich doppelt aus. Da weniger verdirbt, kann er mehr verkaufen. Obendrein bekommt er für keimfreie Milch einen Qualitätszuschlag. Telefonbuchkonfetti übertrifft sämtliche anderen Streusorten, mit denen Webb im Auftrag verschiedener Recyclingunternehmen experimentiert hat. Es absorbiert besser als Heu, Sägemehl und alte Zeitungen. Besonders das Branchenverzeichnis, schwärmt Bauer Webb, dämpft auf geradezu ideale Weise den Ammoniakgeruch des Urins. Die „Nynex“-Telefongesellschaft kooperiert mit Freuden. Sie sammelt die ausrangierten Bücher ein und deponiert sie — gratis — auf Webbs Hof. Für die übliche Endlagerung auf einer Mülldeponie müßte sie tief in die Tasche langen.

Auf dem Webbschen Hof werden die Bücher nicht endgelagert, sondern auf musterhafte Weise in einen Recyclingkreislauf eingeschleust. Nachdem die bedruckte Streu ihren Dienst im Stall getan hat, wird sie auf einen Misthaufen gekarrt. Damit es im Dung schön gammelt und gährt, schüttet Webb täglich die Lebensmittelreste vom örtlichen Supermarkt hinzu. Diese feine Mixtur entwickelt sich zu einem nahrreichen Humus, den Webb seinen Feldern verabreicht. Das regt wiederum Gras und Grünfutter zu üppigem Wachstum an und freut später die Kühe, wenn es ihnen zum Fressen vorgeworfen wird. „Damit ist der Kreis geschlossen“, meint Webb zufrieden, „hier wird nichts verschwendet.“

Auch die Tierärzte haben am Recyclingprojekt nichts zu beanstanden. Die Druckerschwärze scheint weder Kühen noch den chlorophyllhaltigen Probanden zu schaden. Nur die Auswirkungen der gelben Farbe auf Tier und Pflanze wollen sie noch genauer erforschen. Doch voraussichtlich, meint Veterinär Jonathan Collinson, wird „unser Urteil positiv ausfallen“. Dann sollte das Projekt international Furore machen, denn die Gelben Seiten gibt es fast überall. Und warum sollten nicht glückliche gelbe Kühe den lilafarbenen Konkurrenz machen. Silvia Sanides