Das DDR-Spiel ist out — Monopoly der Renner

Die Spielwarenindustrie in den fünf neuen Bundesländern hat den sozialistischen Wirtschaftsraum als Absatzmarkt und durch die Westkonkurrenz 50 Prozent auf dem eigenen Terrain verloren/ 70 neue GmbHs auf der Nürnberger Spielwarenmesse  ■ Von Peter Huth

In den Plänen für 1989 hatte die Spielwarenindustrie der DDR ein Produktionsvolumen von runden 1,5 Milliarden DDR-Mark geplant. Diese Summe setzte sich zu 50 Prozent aus garantierter DDR-Abnahme, 25 Prozent RGW und die restlichen 25 Prozent aus Westexporten zusammen. Die Wirklichkeit richtete sich nicht nach den Plänen, Ende 1990 war der reale Umsatz bei etwa 350 Millionen DM angelangt. Die Summe ist marginal im Verhältnis zum Boom der westdeutschen Spielwarenindustrie, die im Jahr der deutschen Einheit mit ihrer Rekordsteigerungsrate von zehn Prozent die Zwei-Milliarden-DM-Umsatzgrenze überschritt.

Eine große Enttäuschung brachte vor allem das erste gesamtdeutsche Weihnachtsgeschäft. Die Kunden in den nun neuen Ländern straften die einheimischen Produkte mit Mißachtung, sie bevorzugten westdeutsche Markenprodukte. Westspielzeuggeschäfte im ehemaligen grenznahen Raum verbuchten Umsatzsteigerungen von bis zu hundert Prozent. Westprodukte waren weitaus besser präsentiert, hatten teilweise höhere Qualität, waren teilweise billiger oder deckten bisher brachliegende Bereiche ab. Dazu kam ein vorausschauendes Marketing. So hatte der Marktführer bei den Gesellschaftsspielen — der Ravensburger Otto Maier Verlag — sich seine Spiele für den DDR-Markt schon vor der Währungsunion im Verhältnis eins zu eins bezahlen lassen. All dies brachte die angestammte Industrie in die Defensive.

Friedrich Schramme, der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Vedes, nach eigenen Angaben das größte Spielwarenhandelsunternehmen in Europa, erklärte dazu, daß die ehemaligen DDR-BürgerInnen preisbewußt gekauft hätten. Grundsätzlich wurde Spielzeug in niedrigerer Preislage gekauft. Die Nachfrage bei elektronischen Spielen sei sehr viel stärker gewesen als in den alten Ländern. Ferngesteuerte Autos erfreuten sich großer Beliebtheit, und das erzkapitalistische Gesellschaftsspiel 'Monopoly‘ sei ein absoluter Renner.

Auf dem Gebiet der ehemaligen DDR gibt es heute 107 Spielwarenhersteller mit noch ungefähr 14.000 Beschäftigten. 70 Betriebe haben den Sprung ins kalte Wasser gewagt und stellten sich in der letzten Woche mit ihren Produkten auf der Nürnberger Spielwarenmesse der weltweiten Konkurrenz. Die Spielwarenmesse hatte für die Firmen aus den neuen Bundesländern Zuschüsse in Bonn beantragt und auch erhalten. Man war dadurch in der Lage, diesen Firmen durch eine wesentliche Reduzierung des Quadratmeterpreises den Start zu erleichtern.

Vordringlichste Aufgabe dieser Betriebe wird es sein, den alten Markt in den fünf neuen Ländern mit seinen 400 Fach- und Einzelhandelsgeschäften zurückzugewinnen. Mehr als 60 Geschäfte haben sich bereits der Vedes oder einer ihrer Tochterfirmen angeschlossen.

Die meisten Spielzeugbetriebe, wie zum Beispiel die 'idola‘ aus Sonneberg, eine Holding von sieben Firmen, sind in GmbHs umgewandelt worden und werden von der Treuhand kontrolliert. Einige sind bereits ihren alten Eigentümern zurückgegeben worden. Probleme wird es geben, wenn die früheren Eigentümer ähnliche Firmen in der alten BRD aufgebaut haben. War man bisher als Konkurrent auf dem Markt aufgetreten, würde die Rückgabe an den alten Eigentümer das Aus für den ehemaligen DDR-Standort bedeuten. Andere Ex-Eigentümer haben lediglich Interesse an der Spekulation auf Grund und Boden.

Ein Hoffnungsschimmer am Horizont sind die Aufträge aus der Sowjetunion mit einem Volumen von vier Milliarden Mark, die von der gesamten Industrie in den neuen Bundesländern erwartet werden. Sie wurden möglich durch das Abrücken der Bundesregierung von ihrer Politik, Exportkredite, beziehungswiese deren Absicherung, mit Hilfe von Hermesbürgschaften zu verweigern. Ob nun gerade die Spielzeugindustrie davon profitieren wird, steht in den Sternen. Aus dem Wirtschaftsministerium war zu hören, daß man nichts Genaues wisse, da man noch keine Aufstellung über die zu vergebenden Aufträge aus der Sowjetunion habe.