DONNERSTAG

Wo immer ein Diktator geht, wird er von einem Heer von Spitzeln unterstützt. Und schon längst ist als Binsenweisheit bekannt, daß sich die „Herren der Welt“ à la Stalin, Hitler und Ceausescu ohne diese emsigen Zuträger nie lange hätten halten können. Wie ein repressiver Staat zu einem solchen Aufgebot von Denunzianten kommt, möchte der WDR 3 gerne ergründen. In Zusammenarbeit mit Tätern und Opfern von Verrat, Denunziation und übler Nachrede kam die Sendung Ich kann Sie anzeigen zustande. Auch die moralische Aufarbeitung des Phänomens wird nicht fehlen: Ab 21 Uhr kommen zudem Psychologen, Theologen und Schriftsteller zu Wort.

Vielleicht möchte manch einer mal einfach ausspannen und sich ganz zweckfrei unterhalten lassen. Die Komposition Der gelbe Klang hat — soviel sei versprochen — keine anstrengenden Hintergedanken. Nichts anderes als eine „Bühnenkomposition“ aus Farbe, Licht, Bewegung, Geräusch, Musik und Stille wollte Kandinsky 1909 auf die Bühne stellen. Leider kam diese frühe Multimedia-Show nie vollständig zur Aufführung. Dada-Gründer Hugo Ball entdeckte 1917 zwar das ungewöhnliche Szenario für seine Truppe. Doch nur Teile wurden inszeniert. Als dann 1987 der britische Medienkünstler Barry Bermange an das Werk herantrat, gab er sich nicht „nur“ mit Kandinskys Vorlagen zufrieden: Den visuellen Teil des Stückes verlegte er in die Vorstellungswelt des Publikums. So werden Farbklänge und Rhythmus mit Hilfe des elektronischen Mediums Radio zu Gestaltungsmittel. Aus Teilen des Originaltextes erarbeitete der Autor eine Textpartitur, die Kandinskys Bilderwelt erweckt und erweitert. Um 21 Uhr ist das Ergebnis beim S2 zu hören.

Die wahren Bluesfans sollten um 21.15 Uhr doch lieber wieder zum WDR1 umschalten, denn hier wird eine Rarität abgespielt. In den Zeiten, als Völkerkundler noch im eigenen Land forschten, machte sich Alan Lomax mit „schwerem Gerät“ auf den Weg gen Süden. Ziel des Folkloreforschers waren die Ufer des Mississippi. Hier zeichnete er mit seinem Tonband nicht nur Lieder und Geschichten der schwarzen Bevölkerung auf, sondern pickte sich unter ihren Vertretern die Rosinen heraus. Er versammelte gegen Ende der 40er Jahre die drei Bluesgrößen Memphis Slim, Big Bill Broonzy und Sonny Boy Williamson vor seinem Mikrofon. Was diese drei außer an Stories und Musik zu bieten hatten, ist heute im O-Ton von damals zu verfolgen.

Und auch der Deutschlandsender- Kultur tummelt sich um 21 Uhr auf dem Spielplatz der neuen Musik. Doch geht's in der heutigen Ausgabe von Musik des 20. Jahrhunderts vor allem um die ernsten Seiten der heiteren Kunst. Unter dem Titel Musikalischer Stalinismus klopfen zwei Spezialisten die DDR-Kompsitionen der 50er Jahre ab. Ob Werke jenseits des „sowjetischen Realismus“ eine Chance hatten, erzählen Dr. Norbert Albrecht und Lars Klingenberg.

Eine „Stütze der Gesellschaft“ wird schon fünfundsechzig: Siegfried Lenz. Beim NDR3 um 21.30 Uhr liest der Autor höchstselbst aus seinem Roman Die Deutschstunde.