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Wie ein Maikäfer mitten im Märzen

Düsseldorfer EG kommt langweilig leicht zum zweiten Endspielsieg gegen beißfaule Haie aus Köln Endlose Lobeshymnen über großartigste Paraden der Torhüter überdecken wirklich gute Leistungen  ■ An der Bande Bernd Müllender

Wie verheißungsvoll klang es doch für den Kölner EC: Endlich war das Team wieder einmal vollzählig. Thornbury und Pokorny, die langzeitverletzten Abwehrrecken, waren Dienstag abend wieder fit, um über das heiße Eis an der Brehmstraße zu fegen. Thornbury aber, von eisfreien Zeit offenbar unter Entzug leidend, ging gleich daran, die DEG-Gegner reihenweise umzufegen, und bekam sieben Strafminuten auf einmal aufgebrummt. Dermaßen dezimiert, wurde Fanghai Joseph Heiss in seinem Eisenkästchen dreimal nacheinander heißkalt erwischt, nach Thomas Werner hatte der wieder einmal alles überragende Dieter „Didi“ Hegen zweimal eingelocht.

Damit hatten die Düsseldorfer, wie schon so oft in dieser Saison, ihren Gegner bereits im ersten Drittel glatt übertölpelt. Und es entwickelte sich, nach forschem Beginn, ein Match ganz im Sinne kontrollierter Defensive. Vergleichsweise langweilig für den Betrachter, nur den Chören gefiel's. Die DEG schonte sich, Köln konnte nicht. Auf Brandls 1:3, als DEG-Hüter de Raaf wie ein Maikäfer im Märzen auf der Torlinie herumstrampelte, folgten Tore von Lee (Heiss schlecht postiert) und Amann zum 5:1 (Heiss grapscht daneben).

2:0 führen die DEG-Cracks somit nach Spielen — eine Vorentscheidung, wäre da nicht das Wissen aus den Halbfinals, als beide Endspielgegner sich noch nach einem 0:2- Rückstand durchsetzten. Donnerstag in Köln können die Eishockey- Raubfische mit ihren unverschämten Eintrittspreisen von 43 D-Mark aufwärts noch einmal den Geldhai spielen, aber die DEG kann schon Meister werden.

Die permanente Mär über die großartigen Torwartleistungen, gebetsmühlenhaft ausgegeben von Reportern aller Sender und Redaktionen, verstellt den Blick auf die Wahrheit. Viele vermeintliche Glanzreaktionen sind nichts als Zufallstreffer auf die riesig ausstaffierten Körper der Kastenwarte. Und es gibt gewaltige Klassenunterschiede und Formschwankungen. Auch Rosenheims so oft auch zu recht gelobter Karl Friesen war mit ein Grund, daß sein Team letztlich im Halbfinale an der DEG gescheitert war. Und so könnte der erste Grund für eine Titelverteidigung der DEG schlicht am derzeit wirklich nervenstarken Torwart Helmut de Raaf liegen. Also lieber einen Gelegenheitsmaikäfer hinter sich wissen als einen greifschwachen Hai, der vielleicht besser mit dem Maul nach dem Puck schnappen sollte — wenn da nur nicht die Helmpflicht wäre. Und, zweitens, wer wie Köln beim ersten Spiel am Sonntag volle 5:43 Minuten am Stück mit fünf gegen drei herumstochert, aber das Spielgerät nicht versenkt, ist selbst schuld, wenn der rheinische Ersatzkarneval verloren geht.

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