Care-Pakete - Liebeswunder?

■ Neues Projekt am Fachbereich Politik der Bremer Universität vorgestellt

“Liebeswunder“ wird es heute noch in den USA genannt, oder die „Brücke zum Nachkriegsdeutschland“: Das Care-Pakete- Programm. Kaum jemand aus der Kriegsgeneration, der sich nicht daran erinnert. Ende des zweiten Weltkrieges bis in die 60er Jahre wurden insgesamt mehr als eine Million Tonnen Lebensmittel und andere Hilfsgüter von der Bremer Zentralverteilungsstelle aus über die ganze BRD verteilt. Außer Care (Council of Relief Agencies Licensed for Operation in Germany) war auch der weniger bekannte Zusammenschluß von amerikanischen Wohlfahrtsorganisationen CRALOG (Council of Relief Agencies Licensed for Operation in Germany) daran beteiligt.

Obwohl diese Hilfssendungen auch in den Erinnerungen vieler BremerInnen eine große Rolle spielen, gibt es kaum Untersuchungen zu deren psychologischen Aspekten. Diese Forschungslücke haben Wissenschaftler an der Bremer Uni erkannt und sich in die Arbeit gestürzt. Seit Februar läuft mit finanzieller Unterstützung der Volkswagenstiftung im Studiengang Politik ein neues Projekt: „Humanitäre Hilfe als Brücke zu atlantischer Partnerschaft“. Unter der Leitung von Wolfgang Schäfer und Karl-Ludwig Sommer soll folgenden Fragen nachgegangen werden: Wie wurden aus dem Kriegsgegner Deutschland der Partner des „freien Westens“, aus den Besatzern Schutzmächte und schließlich Verbündete? War die humanitäre Hilfe psychologisch gesehen die Voraussetzung, um Westdeutschland später in das westliche Bündnissystem zu integrieren? Neben der Durchforstung von Archivmaterialien wollen die Politologen Aussagen von Zeitzeugen sammeln, die bei der Verteilung der damaligen Hilfsleistungen direkt oder indirekt beteiligt waren. Einer von ihnen ist Pastor Heinrich Johannes Diehl, ehemaliger Vorsitzender des Zentralausschusses „zur Verteilung ausländischer Liebesgaben“.

„Daß es überwiegend amerikanische Kriegsdienstverweigerer waren, die sich für die Genehmigung des Hilfsprogrammes einsetzten, weiß kaum jemand“, erklärte Diehl gesten bei der Vorstellung des Projektes. Er hat während seiner Arbeit in der Transportleitstelle jede Menge Material und Dokumente gesammelt. Die will er jetzt dem Forschungsprojekt zur Verfügung stellen. „Das große Verdienst von Care ist, daß es durch die Hilfssendungen, die meist an ganz bestimmte Personen gingen, eine Brücke zu den Menschen geschlagen hat.“ Da die Ankunft der Pakete durch Einschreiben bestätigt wurden, hätten sich oft langfristige Briefkontakte ergeben. „Dieses sogenannte Liebeswunder war für die Psyche der Leute noch wichtiger als das Wirtschaftswunder“, sagt Diehl.

Harmut Müller vom Staatsarchiv bestätigt das mit einer kleiner Episode aus seinem Leben. „Ich selbst habe nach dem Krieg eines dieser Pakete bekommen und erinnere mich, daß neben Zahnpasta, Pulli und Sandalen auch ein kleines blaues Tuch dabei war.“ Dieses kleine Tuch, daß damals eigentlich völlig unnütz gewesen sei, hätte für ihn eine ganz wichtige Rolle gespielt. „Für mich hat es die Einstellung zu Amerika geprägt“. bz

Alle diejenigen, die bereit sind mit Informationen oder Dokumenten über die damaligen Hilfsleistungen aus den USA den Wissenschaftlern zu helfen, wenden sich bitte an: Karl Ludwig Sommer Frankenbug 8 2804 Lilienthal, Telefon: 04298/3251