Weichensteller mit Koalitionsgelüsten

■ Opposition sieht neue Chancen / Dittbrenner glaubt absolute Mehrheit

“Richtig froh“ war der SPD- Fraktionsvorsitzende Claus Dittbrenner gestern. Der Anlaß: In einer im Auftrag des Senats erstellten Meinungsumfrage hatte das Institut Forsa ermittelt, daß die Bremer SPD bei Wahlen im Februar 44 bis 46 Prozent der Wählerstimmen bekommen hätte. Und Dittbrenners Grund: Er hatte mit noch schlechteren Ergenissen gerechnet. Trotzdem sieht Dittbrenner eine „reele Chance“ mit einer „hochmotivierten SPD“ und trotz „Fehlern“ die absolute Mehrheit zu verteidigen. Die Wahlkampfstrategie der SPD stehe und solle insbespondere die traditionellen Wählergruppen ansprechen. Die als Grund für die schlechten SPD-Ergebnisse angegebene Verkehrspolitik will Dittbrenner nicht geändert wissen. „Wir bleiben bei dem, was wir gesagt haben. Ich gehe davon aus, daß sich der Bürgermeister dessen bewußt ist und nicht wackelt.“

CDU-Fraktionschef Peter Kudella, dessen Partei zwischen 27 und 29 Prozent gehandelt wird, sprach davon, daß nun die Weichen für den Verlust der absoluten SPD-Mehrheit gestellt seien. Es sei davon auszugehen, daß die Werte der SPD in Wirklichkeit noch schlechter seien als ermittelt. Kudella kann sich eine Koalition mit der SPD vorstelllen. „Wir sind bereit, Mitverantwortung zu übernehmen.“

Die Grünen liegen in den Umfrageergebnissen zwischen neun und elf Prozent. Auch ihr Fraktionssprecher Martin Thomas denkt persönlich positiv über eine Zusammenarbeit mit der SPD im Rathaus. Voraussetzung sei allerdings, daß eine deutliche soziale und ökologische Korrektur der Senatspolitik vorgenommen wird. Für Thomas wird die Septemberwahl eine Richtungswahl zwischen rot-grün und rot gelb.

FDP-Fraktionschef Claus Jäger will sich ein halbes Jahr vor den Wahlen noch nicht über eine denkbare Zusammenarbeit mit der SPD auslassen. Eine Koalitionsaussage der FDP werde es „eher nicht“ geben. Jetzt käme es für die Opposition darauf an, die Regierung aus drei verschiedenen Richtingen anzugreifen. Auch eine schwarz-gelb-grüne Zusammenarbeit nach den Wahlen will Jäger nicht ganz auschließen. „Das müßte man mal sehen.“

Die genauen Umfrage-Ergebnisse werden den Fraktionen am Montag zugestellt. Dann läßt sich auch Jägers Vermutung überprüfen, daß das Institut die Zahlen zugunsten der SPD gewertet habe. hbk