: Nestbau, Balz — Frühlingserwachen im Zoo
■ Freude über Frühlingsausbruch/ Zoo-Bewohner reagieren auf Sonnenschein und Wärme
Zoo. Im Zeitlupentempo wälzt sich Knorke im Freigehege über den Stoppelrasen zur Schaukel. Dort angekommen, bleibt der wuchtige Gorilla nahezu reglos unter dem Brett sitzen, und wippt es mit dem kleinen Finger gelangweilt hin und her. Seine Weiber, die auf dem Rasen in der Sonne herumtollen und sich laut quietschend klatschende Watschen um die Ohren hauen, würdigt der Alte mit dem Silberrücken keines Blickes. Daß auch bei ihm der Frühling erwacht ist, merkt man nicht.
Aufgebracht und aus dem Häuschen ist im Zoo dagegen das nordische Federvieh: Die Stockenten und Brandgänse sind schon seit Wochen auf der Balz. Die besonders Fixen haben schon Nester gebaut und sitzen dort bereits auf den ersten Eiern. Bei dem Mandschurenkranich-Paar, das sich mit lautem glucksenden Sing- Sang umkreist und dabei die großen Schwingen hebt, dauert das Vorspiel offensichtlich etwas länger.
Die Giraffenkuh hingegen läßt zur Zeit selbst der schönste Bulle kalt: Sie wird von Tag zu Tag runder. »Wir rechnen täglich damit, daß der Nachwuchs kommt, aber bislang hat sie uns gefoppt«, berichtete der Zoologe Rudolf Reinhard. Bei dem Elefantenbullen Benny Blümchen und seiner Lieblingsfrau Trumbo sieht es dagegen schlecht mit dem Nachwuchs aus. Der Grund: Benny, der Trumbo in der Nachmittagssonne leidenschaftlich umwirbt, sie mit Sand bestreut und voller Hingabe ihren Urin schlürft, ist zu zaghaft, wenn es zur Sache geht. Auch der Panzernashornbulle Gauhati hat einen schweren Stand. Das größte Panzernashorn der Welt ist für die junge Panzernashornkuh zu schwer. Vom Objekt seiner Begierde durch eine dicke Mauer getrennt, steht er wie ein trotziger Junge in der Ecke und rammt seine Kopf an die Wand, weil ihn ganz offensichtlich der Trieb peinigt. Noch munterer geht es bei den Robben zu, die, wie von der Tarantel gestochen, vom Felsen ins kühle Naß hechten. Die Seehunde werden im Mai Nachwuchs bekommen und auch die Seebären müssen nicht mehr lange warten.
Nur auf dem Affenfelsen verhindert auch das schöne Wetter nicht, daß Trauer angesagt ist. In einer großen Herde von Mantelpavianen, die um die Felsen ihre Kreise zieht, schleift eine Pavianmutter ihr totes Junges hinter sich her. Der Kadaver sieht so aus, als ob das Junge schon mehrere Tage tot ist. Auch in freier Wildbahn, weiß der Zoologe Reinhard, schleppen die Affenmütter ihre toten Jungen länger mit sich herum. Wegnehmen könne man der Mantelpavian-Alten das Junge nur, wenn es gelinge, sie in einem Innenraum des Affenfelsens zu isolieren. »Wenn wir in das Freigehege eindringen würden, würden wir sofort von der Pavianherde, die sehr wehrhaft ist, angegriffen. Vor allem von Männchen mit ihrem Raubtiergebiß«, fürchtet Reinhard. plu
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen