Der alte Affe schimmert noch durch

■ „Gene auf Brautschau“, Sonntag, N3, 19.15 Uhr

Das Rätsel um Sinn und Unsinn der Liebe hat endlich ein Ende. Es ist nämlich keines. Genetisch gesteuert, suchen wir uns unsere Partner nach bestimmten Kriterien aus, balzen nach immer den gleichen Mechanismen und haben im Grunde nur das eine Ziel: die optimale Reproduktion von uns selbst.

Romantik und der ganze Kokolores ist, seit wir von den Bäumen geklettert sind, zwar kulturell leicht verfeinert worden. Aber der alte Affe schimmert immer noch durch. Bei Männern übrigens stärker als bei Frauen, was mitnichten ein Argument aus dem Geschlechterkampf ist. Zu dieser Erkenntnis ist, ganz wertfrei versteht sich, die neueste Forschung der Soziobiologie gekommen.

Wie die Gene das Partnerwahlverhalten beeinflussen, hat die Autorin des Films, Mona Bahnassawy, auf höchst amüsante Weise dargestellt. Angefangen bei Schimpansen, deren Sozialverhalten Rückschlüsse auf dasjenige von Menschen zuläßt: Ein Weibchen zeigt Paarungsbereitschaft (Frau flirtet). Ein Männchen ergreift die Chance (aber immer!). Doch nicht romantische Gefühle ziehen den Affen an, sondern die Tatsache, daß auf vergnügliche Weise die Möglichkeit besteht, die eigenen wunderbaren Eigenschaften und Merkmale zu verewigen — ganz egoistisch. Das Weibchen zeigt sich zunächst desinteressiert (kann ja jeder kommen!). Das Männchen weiß, was sich gehört, und bringt ihr kleine Geschenke.

Denn, das wissen Affenweibchen und wir Menschenweibchen haben es in den Genen, wer die schönsten Geschenke erstehen kann und sie der Angebeteten zu Füßen legt, muß fürs Leben und mithin für die Liebe wohl taugen (Männerrisiko: Tüte Gummibärchen oder Diamanten).

Schnitt. Ein Mann und eine Frau, beide sind sich unbekannt, werden in einem geschlossenen Raum von Wissenschaftlern gefilmt. Die Frau signalisiert mit Blicken und Gesten Kontaktbereitschaft. Der Mann reagiert wie der Schimpanse und versucht, sich in Szene zu setzen. „Magst eine Mozartkugel?“ Aha, das Geschenk. Der bewährte Rat der Mütter „Nimm von fremden Männern keine Schokolade an“, muß genetisch begründet sein.

Männer strengen sich gewaltig an, um zu beweisen, daß sie „der Richtige“ sind, daß sie im Lebenskampf bestehen können. Der Erfolg, und auch das ist laut Soziobiologie genetisch bedingt, ist in der Regel eher dürftig. Frauen sind äußerst wählerisch. Sie bestimmen letztlich, welches von den Männchen den eigenen Ansprüchen genügt. Je wohlhabender, erfolgreicher und zuverlässiger sich ein Mann erweist, desto größer sind seine Chancen. Macht und Geld machen sexy, die Wissenschaft hat's festgestellt. Oder wie die Forscher durch Studien herausfanden: Die reichsten Bauern haben die schönsten Bräute.

Rein biologisch gesehen, wären die Anstrengungen der Männer allein bei einer Frau jedoch vergebene Liebesmüh. Die Gene wollen es, daß die Männer es möglichst breit gestreut versuchen, ihre Einzigartigkeit unter Beweis zu stellen. Irgendwann müssen sie ja auch mal Erfolg haben, gönnen wir es ihnen. Schließlich können Frauen, seit es wirksame Verhütungsmittel gibt und solange finanzielle Autonomie vorhanden ist, jeden Bewerber ausgiebigst auf seine Tauglichkeit in Sachen materieller oder erotischer Potenz testen, ohne auch nur das geringste Risiko einzugehen. Auf diese Weise kommen wir auch zu jeder Menge Mozartkugeln. Genetisch bedingt. Petra Dubilski