Bonn apart: Vogel und seine Knechte

■ Wie es in der SPD-Bundestagsfraktion wirklich zugeht/ Ost-GenossInnen! Übt Parteidisziplin!

Eines muß man der SPD-Bundestagsfraktion lassen: Konsequent läßt sie sich seit Jahrzehnten von ihren Vorsitzenden knechten, wählt sie gar dafür immer wieder. Helmut Schmidt hat als Genossentreiber Parlamentsgeschichte gemacht, Herbert Wehner ebenso und Hans Jochen Vogel muß sich hinter den beiden nicht verstecken.

Zum Beispiel neulich, als der Golfkrieg ausbrach. Daß da einige Sozialdemokratinnen mit brennenden Kerzen ins Plenum des Bundestages kamen, behagte dem SPD- Partei- und Fraktionsvorsitzenden offenkundig gar nicht. Wenige Tage später bekamen die Abgeordneten von ihrem Chef nämlich dies zu hören: In Zukunft wolle er vorher informiert werden, wenn Mitglieder seiner Fraktion „zusätzliche Beleuchtungskörper“ in den Bundestag zu verbringen gedächten.

Ihres neuen Herren Strenge bekommen freilich auch die Ost-Genossen zu spüren. Daß sie immer wieder auch mal für Anträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stimmten, hat die Stirnen in der sozialdemokratischen Fraktionsspitze zum Runzeln gebracht. Außerdem wurden die Neuen darüber belehrt, wie es die SPD-Bundestagsfraktion grundsätzlich mit dem Abstimmen hält: Man schaue, ob Hans-Jochen Vogel die Hand hebe und orientiere sich daran. Freilich: Daß die neuen GenossInnen sich diesen Verweis nicht zu Herzen genommen haben, dürfte der Fraktionsspitze neulich ganz lieb gewesen sein. Da stimmte nämlich Hans Jochen Vogel versehentlich für einen Antrag der PDS. Ingrid Matthäus-Maier — geschult in Fraktionsdisziplin — tat es ihm nach. Als Hans Jochen Vogel hinter sich blickte, um die Seinen zu kontrollieren, sah er keine erhobenen Hände. Schon wollte sich seine Miene verfinstern, als eine Ost-Genossin rief: „Es ist doch ein PDS- Antrag, Herr Vogel“. Prompt fiel seine Hand – und die von Ingrid Matthäus-Maier. Ferdos Forudastan