Grünes Licht für Reaktor

■ Umweltsenator Hassemer (CDU) genehmigt den Berliner HMI-Forschungsreaktor/ Schreyer: „Verantwortungslos“

Berlin (taz) — Andere Zeiten, andere Sitten: Drei Monate nach der Abwahl des rot-grünen Senats in Berlin hat der neue Umweltsenator Volker Hassemer (CDU) die Wiederinbetriebnahme des umgebauten Forschungsreaktors BER II am Hahn-Meitner-Institut (HMI) in Berlin-Wannsee faktisch genehmigt. Gestern überreichte er seine Entscheidung an HMI-Direktor Hans Stiller. Hassemers Vorgängerin im Amt, Michaele Schreyer (Grüne), hatte den Neutronenforschern im vergangenen Jahr das Wiederanfahren ihres 10-Megawatt-Meilers unter Verweis auf die wackelige Entsorgung der abgebrannten Brennelemente versagt. Darüber war es mehrfach fast zum vorzeitigen Bruch der Berliner Koalition gekommen, aus Bonn drohte Forschungsminister Riesenhuber, dem Forschungsstandort Berlin den Geldhahn zuzudrehen, schließlich wollte Umweltminister Töpfer die unwillige Senatorin mit einer Weisung disziplinieren.

Hassemer hat vor der Erteilung seiner Genehmigung darauf verzichtet, über die Bedingungen am potentiellen Wiederaufarbeitungsstandort im schottischen Dounreay neue Erkenntnisse zu sammeln. Seine Behörde, also im wesentlichen die Beamten, die den Forschungsreaktor unter Schreyer gestoppt hatten, kamen jetzt dennoch zum gegenteiligen Ergebnis. Die britischen Vertragspartner wollen die abgebrannten Brennelemente aus dem HMI-Reaktor bis 1996 in Dounreay lagern oder ab 1994 aufarbeiten, wenn das HMI bis dahin keine andere Lagermöglichkeit gefunden habe, sagte Hassemer. Nach der Wiederaufarbeitung soll der entstehende Atommüll weiter in Schottland gelagert werden, bis irgendwo „auf dem Gebiet der Bundesrepublik“ ein Endlager gefunden ist.

Schreyer nannte die Genehmigungspraxis ihres Amtsnachfolgers „verantwortungslos“. Die Entsorgungsfrage sei „nach wie vor nicht im Sinne des Atomgesetzes nachgewiesen“. gero