Auto-Rapsodie

■ Elsbetts Vision treibt Autos mit Pflanzenöl an / Die Technik ist entwickelt, aber niemand kauft sie

Den Gruber Georg aus dem fränkischen Hilpoltstein hörte man während der Auto-Vision in der Bremer Stadthalle in den schönsten Koloraturen seiner Mundart hemmungslos fluchen. „Joa, der doitsche Autofahrer, wenn der wos sogt, da hör i überhaupt nie mehr hin.“ Der Zorn des Ökonomen der bayerischen Tüftelfirma Elsbett-Konstruktion Gesellschaft geißelte die heimische Autofahrerseele bis aufs Blut: Geschwindigkeitsdeppen seien das, „alle miteinand“, deren Motorhaube genauso lang sein müsse wie ihr ..., Freiheitskämpfer, die für die freie Fahrt auf der Autobahn lieber zu tausenden pro Jahr ihr Leben ließen als ihren Autowahn zurückzustecken.

Der Grund für die eruptiven Zornesausbrüche des Gruber Georg: Seit 12 Jahren hat die Elsbett einen Motor entwickelt, in dem reines Pflanzenöl verbrannt wird, den aber niemand kaufen will, um ihn in Serie herzustellen. Der Clou beim Elsbett-Motor: Die bei der Verbrennung entstehenden Kohlendioxid-Emissionen werden von den Pflanzen bei der Photosynthese wieder verbraucht, ohne die Gaskonzentration der Atmosphäre zu beeinflussen. Die Motoren sind auf vielen Gebieten einsetzbar, und sie funktionieren vor allem auch als Automotoren.

Der vitale Bayer lenkte die Aufmerksamkeit seiner Zuhörer in Halle 4 der Bremer Auto-Show auf eine schematische Darstellung, die demonstrieren sollte, wie bei der Verbrennung von Pflanzenöl alles seinen natürlichen und harmonischen Gang geht. Das Öl wird zunächst gepresst, und ohne jede Weiterbehandlung direkt in den Motor geschüttet, wo es verbrennt zu Kohlendioxid und Wasser. Die gleiche Menge CO2 die dabei entsteht, wird aber von denselben Pflanzen wieder zur Photosynthes verbraucht. „Wenn wir nicht mehr an die fossilen Brennstoffe unter der Erde heranmüssen, um sie zu verbrennen, bleibt die Atmoshäre im Gleichgewicht.“

Übrig bleibt ein Ölkuchen für Viehfutter oder Dünger. 1 Hektar Raps liefert 1.300 Liter Öl und doppelt soviel Kuchen. Vier Millionen Quadratkilometer Raps könnten den Erdölbedarf der Erde decken

Der Ölkuchen, der nach dem Pressen übrig bleibt, kann weiter als Viehfutter verwendet werden oder auch als Dünger. Ein Rapsfeld von der Größe eines Hektars liefert ungefähr 1.300 Liter Rapsöl und die doppelte Menge Kuchen. Man muß nicht Raps nehmen. Nach dem gleichen Prinzip können auch Sonnenblumen, Lein, Soja, Erdnüsse und und und bearbeitet werden.

Der Wirkungsgrad der pflanzenöl-befeuerten Motoren liegt bei etwa 40 Prozent (Diesel 33, Benzin 28). Die Hilpoltsteiner, die für ihren Motor 1989 den Philip Morris Forschungspreis erhielten, haben die Effektivitätsoptimierung durch ein spezielles Verbrennungssystem erzielt. Der Kolben ist aus reinem Eisenguß, wodurch der Wärmeverlust in der Brennkammer wegen der schlechteren Leitfähigkeit um ein fünffaches gegenüber einem Aluminiumkolben reduziert wird. Die Brennkammer selbst ist kugelförmig, um bei möglichst großem Volumen die Oberfläche klein und damit die Abstrahlwärme niedrig zu halten. Durch die Einstrahldrüse, die das Pflanzenöl in die Brennkammer spritzt und durch die runde Form der Kammer selbst entsteht ein Drall wie in einer Zentrifuge, bei dem die schweren Gase nach außen gedrückt, die leichten Gase innen verbrannt werden. Auch dadurch ist Abwärme eingespart worden.

Satte 90 PS bei 1,4 Liter Hubraum hat der Vorführ-Motor, den die Elsbett in einen profitablen 190er eines Bremer Auto-Herstellers eingebaut hat. Verbrauch: 4,6 Liter auf 100 Kilometer, bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 90 Kilometer/ Stunde sogar nur 3,6 Liter. 75.000 Mark müssen umweltbewußte Autofahrer, die in diese Technik einsteigen wollen, auf den Tisch legen, das sind 32.000 Mark mehr als das Konkurrenzmodell mit Dieselmotor. „No, schau, das ist halt noch ein Prototyp, der noch nicht in Serie gebaut wird“, erklärt Gruber, und wie er so darüber nachdenkt, warum eigentlich nicht, da schwillt ihm schon wieder die Stirn und es fährt heraus aus ihm, was seine Seele bedrückt. Weil nämlich der deutsche Autofahrer gar nichts anderes will als schnell und möglichst preiswert zu fahren und kein Interesse hat an gar nichts anderem, vor allem nicht an der Umwelt, denn sonst wär der Motor schon längst in Serie.

Hochgerechnet haben die Bayern es schon, wie man mit ihren Motoren das Erdöl einsparen kann. Ein Feld, so groß wie Saudi-Arabien, dreieinhalb bis vier Millionen Quadratkilometer müßte es messen, dann könnte man den jährlichen Bedarf an Erdöl mit Pflanzenöl decken. „Aber Schauens, so gehts doch eh nie weiter, wenn wir immer nur ans Wachstum denken. Der doitsche Autofahrer, der denkt scho, er tuat schon was für die Umwelt, wenn er sich aan Aufkleber kauft mit aan Baum drauf.“

Markus Daschner